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Mit vier hochentwickelten Robotern und einer Live-Schalte zur Internationalen Raumstation ISS herrschte am 24. Juli 2025 außergewöhnlicher Betrieb auf dem sogenannten „irdischen Mars“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen. Im Rahmen der finalen und bisher komplexesten Phase der Surface-Avatar-Mission steuerte NASA-Astronaut Jonny Kim vom Orbit aus ein intelligentes Team unterschiedlicher Roboter, das ihm half, eine simulierte Marslandschaft zu erkunden und wertvolle Proben zu sammeln. Dabei zeigte sich eindrucksvoll, wie Mensch und Maschine durch innovative Steuerungs- und Kommunikationstechnologien in Zukunft gemeinsam Weltraumexpeditionen durchführen können.
Ein neuer Meilenstein in der Mensch-Roboter-Kollaboration im Weltall
Das Surface Avatar Experiment stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, um Menschen ohne umfangreiches technisches Training in die Lage zu versetzen, verschiedenartige Roboterteams zu kommandieren und zielgerichtet einzusetzen. Das Projekt wird vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik geleitet und entsteht in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA sowie dem Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum GSOC.
Prof. Alin Albu-Schäffer, Direktor des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik, unterstreicht die Tragweite: „Wir haben damit alle technischen Voraussetzungen geschaffen, um anspruchsvolle robotische Missionen auf dem Mars zu steuern – ein entscheidender Schritt auch für zukünftige permanente Forschungsstationen auf dem Mond.“
Dr. Thomas Krüger, Teamleiter im ESA Human-Robot Interaction Lab ergänzt: „Die Verbindung über Relais-Satelliten sowie die Steuerung von Robotern aus der Mikrogravitation heraus haben wir erfolgreich gemeistert. Die Expertise Europas auf diesem Gebiet wächst stetig – auch mit Blick auf Anwendungen hier auf der Erde.“
Vier Roboter vereinen ihre Stärken bei schwierigen Aufgaben
Im Vergleich zum vorangegangenen Experiment im Jahr 2024 wurde die Komplexität nicht nur durch anspruchsvollere Aufgaben gesteigert – es kam auch ein weiterer Roboter hinzu. Neben den bereits bewährten Systemen Rollin‘ Justin (humanoider DLR-Roboter), Interact (ESA-Rover) sowie Bert (vierbeiniger DLR-Roboter) vervollständigt nun Spot, ein großer vierbeiniger ESA-Roboter mit Greifarm-Funktionalität, das Erkundungsteam.
Jonny Kim delegierte an Spot beispielsweise die Aufgabe, verstreute Probenbehälter autonom aufzuspüren und sicher zur Übergabestation zu transportieren. Anschließend nahm Rollin‘ Justin diese Behälter entgegen und brachte sie weiter zum Lander – eine koordinierte Zusammenarbeit mehrerer Roboter-Systeme mit hohem Autonomiegrad.
Innovatives Lernen im Feld: Der vierbeinige Bert meistert Verletzungen selbstständig
Eine besonders beeindruckende Demonstration erfolgte bei der Erforschung einer simulierten Höhle: Hier wurde Interact zum Träger von Bert – eine weltweit einzigartige Umsetzung eines Robotertransports durch einen anderen Roboter. Nach Ankunft an der Höhle setzte Interact Bert vorsichtig ab.
Doch Bert hatte „eine Verletzung“ simuliert bekommen: Eines seiner Beine war blockiert, wodurch er seine Beweglichkeit stark einschränkte. Dank moderner Methoden des bestärkenden Lernens konnte Astronaut Kim den Vierbeiner so trainieren, dass er trotz dreibeinigem Gang stabil unterwegs war.
Der Lernprozess bestand darin, verschiedene Gangarten auszuprobieren und vom Astronauten bewerten zu lassen – bis eine funktionierende Bewegungslösung gefunden war. Im Anschluss konnte Bert seine Erkundungsmission absolvieren – diesmal manuell vom Astronauten via Joystick gesteuert, basierend auf Berts Kamerasicht.
KI-gestützte Unterstützung als Schlüssel zur effizienten Missionsvorbereitung
Bereits vor Beginn der eigentlichen Operation nutzte Jonny Kim den neu entwickelten KI-Chatbot-Assistenten „NealAI“, welcher auf einem großen Sprachmodell („Large Language Model“) des europäischen KI-Anbieters Mistral AI basiert. NealAI ist speziell dafür konzipiert worden, während Trainingsphasen Fragen rund um Bedienungshilfen oder Funktionalitäten schnell und präzise zu beantworten.
Gerade bei Langzeitmissionen zum Mars ist dieser Ansatz essenziell: Aufgrund von Signalverzögerungen von bis zu 40 Minuten zwischen Erde und Mars könnten Astronautinnen oder Astronauten dank eines solchen KI-Assistenten unmittelbar Hilfe erhalten – ganz ohne Kommunikationswartezeiten mit Kontrollzentren.
Spitzenrobotik „Made in Germany“ ebnet Weg zur Zukunft der Weltraumerforschung
Der erfolgreiche Abschluss des Surface Avatar Experiments unterstreicht einmal mehr die Führungsrolle Deutschlands im Bereich Regelungstechnik für zeitverzögerte Kommunikation sowie robotische Systeme im Weltraum. Zum emotional berührenden Finale schüttelte NASA-Astronaut Jonny Kim via Rollin‘ Justin virtuell die Hand von DLR-Wissenschaftler Dr. Neal Y. Lii – mittels Kraft-Rückkoppelung fühlbar übertragen über viele Kilometer hinweg.
Dr. Lii resümiert: „Dieses letzte Experiment zeigt eindrucksvoll das Potential unserer Technologieplattform zur Unterstützung menschlicher Explorationsteams fernab unseres Planeten.“
Angetrieben durch Fortschritte in künstlicher Intelligenz eröffnet diese roboterunterstützte Arbeitsweise neue Dimensionen sowohl bei interplanetaren Missionen als auch praktischen Anwendungen hier auf der Erde – sei es in Katastrophenschutz, Umweltüberwachung oder industriellen Bereichen.
Zusammenfassung
Die Surface Avatar Mission demonstriert eindrucksvoll den nächsten Schritt hin zur intelligent vernetzten Fernsteuerung multifunktionaler Robotersysteme aus dem All heraus unter Nutzung innovativer KI-Technologien wie Chatbots für Assistenzfunktionen sowie bestärkendem maschinellem Lernen direkt vor Ort bei unvorhergesehenen Problemen. Die europaweit koordinierte Kooperation zwischen NASA-Astronaut Jonny Kim an Bord der ISS und deutschen wie europäischen Robotern zeigt Potenziale für künftige bemannte Weltraummissionen sowohl zum Mond als auch zum Mars bzw. darüber hinaus.