SOFIA in Stuttgart: Blick durchs Teleskop-Auge erlaubt

Blick auf den vorderen Rumpf der 747SP: Nachts ist das Flugzeug gelandet. Besucher haben eine besondere Gelegenheit das weltweit einmalige Flugzeug zu bestaunen.
Blick auf den vorderen Rumpf der 747SP: Nachts ist das Flugzeug gelandet. Besucher haben eine besondere Gelegenheit das weltweit einmalige Flugzeug zu bestaunen.
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Am 16. September 2019 um 04:03 Uhr ist die fliegende Sternwarte SOFIA (Stratosphären Observatorium Für Infrarot-Astronomie) auf dem Flughafen Stuttgart gelandet. Gegen 16:30 Uhr wurde die Teleskoptür des am Boden stehenden Forschungsflugzeugs geöffnet, sodass die Besucher einen einmaligen Blick ins Infrarot-Auge von SOFIA werfen können!

Von Stuttgart aus soll SOFIA am 18. September um 19:40 Uhr zu ihrem ersten Wissenschaftsflug über Europa abheben und dabei gleich zwölf Länder überqueren. Am Flughafen ergibt sich damit die extrem seltene Gelegenheit, einen Blick auf das in Deutschland gebaut Infrarotteleskop zu werfen. Normalerweise wird die Luke nicht geöffnet, wenn das Flugzeug am Boden unter freiem Himmel steht. Der Vorteil ihrer Europa-Mission, deutlich nördlicher als bei einem Start von ihrer südkalifornischen Heimatbasis in Palmdale, ist der bessere Blick ins All. Je näher an den Polen die Infrarotsternwarte fliegt, desto weniger fürs Infrarot störender Wasserdampf ist in der Atmosphäre über ihr vorhanden. Die Vorstandsvorsitzende des DLR, Prof. Pascale Ehrenfreund, schwärmt: “Die Wissenschaftler an Bord des Flugzeuges erkunden die Umgebung von Schwarzen Löchern und gehen der Frage nach, ob Dunkle Energie unser Universum wirklich immer schneller auseinandertreibt.”

Das Forschungsflugzeug SOFIA in Stuttgart: SOFIA, das fliegende Weltraumobservatorium, ist am Montag, 16. September 2019, um 4:03 Uhr auf dem Flughafen Stuttgart gelandet. Von dort aus soll das Forschungsflugzeug am 18. September zu seinem ersten Wissenschaftsflug über Europa abheben.
Das Forschungsflugzeug SOFIA in Stuttgart: SOFIA, das fliegende Weltraumobservatorium, ist am Montag, 16. September 2019, um 4:03 Uhr auf dem Flughafen Stuttgart gelandet. Von dort aus soll das Forschungsflugzeug am 18. September zu seinem ersten Wissenschaftsflug über Europa abheben.

Sternentstehung und Schwarze Löcher

Im Sternbild Großer Bär liegt Markarian 231 (Mrk 231), die rund 600 Millionen Lichtjahre von unserer Erde entfernt ist. Damit ist sie zirka 300-mal weiter entfernt als die Andromeda-Galaxie, die unserer Milchstraße am nächsten liegt. Trotzdem ist Mrk 231 einer der Erde am nächsten gelegenen, extrem hellen aktiven Galaxienkerne (Active Galactic Nucleus, AGN). Seine Leuchtkraft im Infrarot-Bereich macht Mrk 231 zu einer der hellsten und bekanntesten ultraluminösen Infrarot-Galaxien. Um ihr Zentrum kreisen gleich zwei Schwarze Löcher. Eines davon ist mit vier Millionen Sonnenmassen eher klein, das andere mit 150 Millionen Sonnenmassen schon deutlich größer. Für die Umgebung dieser Schwarzen Löcher interessieren sich die Forscher auf dem ersten europäischen SOFIA-Wissenschaftsflug. Denn um sie herum versammelt sich eine Masse aus Gas und Staub – der Staubtorus.

Diese Donut-förmige Region befindet sich in jedem aktiven Galaxienkern. Unklar ist aber, welche Rolle sie in der Erzeugung von Radiojets spielen. Diese zwei senkrechten Plasmastrahlen werden von Schwarzen Löchern im Zentrum des aktiven Galaxienkerns gebildet, indem sie Plasma mit Lichtgeschwindigkeit ins All ausblasen. Doch nicht jeder aktive Galaxienkern hat auch diese Radiojets. Das zeigen radioastronomische Beobachtungen. Vorausgegangene Studien mit SOFIA weisen darauf hin, dass das Magnetfeld in diesem staubhaltigen Torus helfen könnte, diese Radiojets auszulösen. Lässt sich die Entstehung der Jets aber tatsächlich auf die Präsenz – beziehungsweise das Ausbleiben – eines Magnetfelds zurückführen? Eine wichtige Frage, auf die Astronomen bislang keine Antwort gefunden haben.

SOFIA kurz nach dem Start von ihrer Heimtbasis Palmdale/Kalifornien: Stationiert ist die umgebaute Boeing 747SP am Dryden Flight Research Center der NASA in Palmdale im US-Bundesstaat Kalifornien. Von dort aus ist sie nach Stuttgart geflogen, wo sie am frühen Morgen des Montag, 16. September, eingetroffen ist.
SOFIA kurz nach dem Start von ihrer Heimtbasis Palmdale/Kalifornien: Stationiert ist die umgebaute Boeing 747SP am Dryden Flight Research Center der NASA in Palmdale im US-Bundesstaat Kalifornien. Von dort aus ist sie nach Stuttgart geflogen, wo sie am frühen Morgen des Montag, 16. September, eingetroffen ist.

Infrarotteleskop im Flugzeug sieht mehr

Da nur das Ferninfrarot-Instrument HAWC+ (High-resolution Airborne Wide-band Camera) auf SOFIA Magnetfelder in diesem Wellenlängenbereich vermessen kann, möchten die SOFIA-Forscher den Zusammenhang zwischen diesen Feldern und den Radiojets entschlüsseln. Begonnen haben sie mit ihren Beobachtungen zum aktiven Galaxienkern von Cygnus A während eines Fluges über Südkalifornien im Jahr 2018.

“Die erste Europa-Mission von SOFIA soll diese Forschung nun fortsetzen, um dieses astronomische Rätsel um die Radiojets endlich zu lösen”, sagte Dr. Alessandra Roy, deutsche SOFIA-Projektwissenschaftlerin im DLR Raumfahrtmanagement, welches die fliegende Sternwarte gemeinsam mit der NASA betreibt.

SOFIA in Palmdale vor dem Flug nach Deutschland: An Bord der umgebauten Boeing 747SP mit dem Kennzeichen N747NA ist ein Spiegelteleskop installiert. Das Spezialflugzeug besitzt einen kürzeren Rumpf, eine größere maximale Flughöhe und eine größere Reichweite als die Grundversion 747-100/200. SOFIA ist seit dem 30. November 2010 im Einsatz.
SOFIA in Palmdale vor dem Flug nach Deutschland: An Bord der umgebauten Boeing 747SP mit dem Kennzeichen N747NA ist ein Spiegelteleskop installiert. Das Spezialflugzeug besitzt einen kürzeren Rumpf, eine größere maximale Flughöhe und eine größere Reichweite als die Grundversion 747-100/200. SOFIA ist seit dem 30. November 2010 im Einsatz.

“Das wird die längste Einzelbeobachtung von SOFIA auf Ihrem ersten Flug in Europa sein, welche südlich der schwedischen Küste in der Ostsee beginnt und über Polen, Tschechien, Österreich, Slowenien, Kroatien, der Adria, Italien bis kurz vor Sizilien führt”, zeigt Clemens Plank, Projektingenieur für SOFIA beim DLR Raumfahrtmanagement, am Flugplan, welcher vorab mit allen europäischen Luftverkehrsbehörden abzustimmen war.

Sendung mit der Maus an Bord

Auf dieser spannenden Forschungsreise werden nicht nur Wissenschaftler mit an Bord sein. Ein Team der “Sendung mit der Maus” wird in einer Spezialausgabe “Teleskope und die Infrarotastronomie” dem Mauspublikum Einblicke in den Forschungsflug von SOFIA geben. Außerdem wird ein Preisträger des Forschernachwuchswettbewerbes “Jugend forscht” bei der Europa-Prämiere von SOFIA mitfliegen dürfen.

SOFIA in Palmdale/Kalifornien vor dem Flug nach Stuttgart: Blick in das Cockpit der Boeing 747SP.
SOFIA in Palmdale/Kalifornien vor dem Flug nach Stuttgart: Blick in das Cockpit der Boeing 747SP.
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