Grounding für Teleskop: DLR und NASA beenden SOFIA

SOFIA am Flughafen von Christchurch, Neuseeland: Zwischen dem 17. Juli und 2. August 2013 führt SOFIA, das
SOFIA am Flughafen von Christchurch, Neuseeland: Zwischen dem 17. Juli und 2. August 2013 führt SOFIA, das "Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie" von Christchurch (Neuseeland) Messflüge zur Erkundung astronomischer Objekte am südlichen Himmel aus. (© NASA/C.Thomas)
Geschätzte Lesedauer: 4 Minuten

NASA und DLR haben gemeinsam beschlossen, den Flugbetrieb von SOFIA (Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie) im September 2022 einzustellen. US-Raumfahrtbehörde folgt damit einer Empfehlung. Doch dank JWST dürfte das Grounding dieses Spezialteleskops im Spezialflugzeug (SP) verschmerzbar sein.

Das Missionsende für SOFIA kann man durchaus das Ende einer kleinen Ära nennen. “Diese Entscheidung beruht auf einer Empfehlung des `Decadal Survey‘ der National Academy of Sciences, Engineering and Medicine, in der die Prioritäten für die langfristige Ausrichtung der astronomischen Forschung in den USA erarbeitet werden. Diese Empfehlungen haben für die NASA eine hohe Verbindlichkeit”, erläutert Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. “SOFIA ist weltweit einzigartig und war mit Beginn des Regelbetriebs im Jahr 2014 mit insgesamt rund 800 Flügen für die Wissenschaft erfolgreich im Einsatz. Die Teams auf beiden Seiten des Atlantiks haben hervorragende Arbeit geleistet. Dafür gilt ihnen unser Dank!”

Suche nach neuen Forschungsfeldern für DLR und NASA

“Der Flugbetrieb von SOFIA hat auf hervorragende Art und Weise zu der langen Geschichte der deutsch-amerikanischen Kooperation beigetragen. Wir freuen uns, darauf aufzubauen”, betont NASA-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen. “In einem gemeinsamen Workshop im Sommer wollen wir mit dem DLR neue Projekte in wissenschaftlichen Zukunftsfeldern erarbeiten”.

Die wissenschaftlichen Daten von SOFIA sind in den NASA-Archiven für Astronomen weltweit verfügbar. Die zu einem Observatorium für Infrarot-Astronomie umgebaute Boeing 747SP hat ihre fünfjährige Haupt-Mission 2019 abgeschlossen und um weitere drei Jahre bis ins Jahr 2022 verlängert. Die SOFIA-Kooperation zwischen der NASA und der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR ist in einem beiderseitigen Abkommen vereinbart. Es legt die Verteilung der Arbeitspakete fest. Deutschland lieferte das weltweit einzigartige 2,7-Meter Teleskop, das in den Rumpf von SOFIA eingebaut ist, und beteiligt sich mit 20 Prozent an den Betriebskosten.

Im Gegenzug wurden Wissenschaftlergruppen aus Deutschland pro Jahr rund 30 Wissenschaftsflüge zugeteilt. Die NASA hatte die Boeing 747 gebraucht gekauft und für den Einbau des Teleskops entsprechend umgebaut. NASA führt zudem den Betrieb des Observatoriums von Palmdale in Kalifornien aus, dem Heimatflughafen von SOFIA. Das Flugzeugteleskop hat seit 2014 jährlich rund 100 wissenschaftliche Flüge absolviert.

Infrarot offenbart Blicke in die Milchstraße

Dabei wurden astronomische Objekte vor allem in unserer Milchstraße beobachtet. Das Infrarot-Observatorium ist auf Beobachtungen im fernen Infrarot spezialisiert. Damit liefert es insbesondere Beiträge zu Fragestellungen der Astro-Chemie und Astro-Physik. Das erste Molekül – Heliumhydrid – das im Universum vor knapp 14 Milliarden Jahren entstand, wurde von SOFIA 2019 erstmals astrophysikalisch nachgewiesen. Der Nachweis gelang mit dem Instrument GREAT, einer Entwicklung des Bonner MPIfR, der Universität zu Köln und des Berliner DLR-Instituts für Optosysteme.

Außerdem erforschte SOFIA, wie sich Galaxien entwickeln und wie Sterne und Planetensysteme aus interstellaren Molekül- und Staubwolken entstehen. Möglich wurde dies durch das in Deutschland entwickelte und gefertigte Spezial-Teleskop mit einem Durchmesser von 2,7 Metern und einem Gewicht von 17 Tonnen. SOFIA kann sechs verschiedene wissenschaftliche Instrumente nutzen, von denen drei aus Deutschland stammen – zwei Instrumente für das Fern-Infrarot und ein optisches Instrument.

Das fliegende Observatorium ist in Palmdale in Kalifornien stationiert und führt von dort aus die meisten Beobachtungsflüge durch. Es wurde aber auch weltweit für astronomische Beobachtungen eingesetzt, zuletzt im März 2022 in Chile und im März 2021 in Köln. Für Beobachtungen von astronomischen Objekten am Süd-Himmel wurde SOFIA regelmäßig von Christchurch in Neuseeland aus betrieben.

Neuer Stern am Himmel der Infrarotastronomie

Die langwellige Strahlung des Infraroten durchdringt Galaxien- und Sternenstaub besser als das sichtbare Licht. Damit wird die Beobachtung von Objekten in eben diesen Wolken möglich. Das Betriebsende des darauf spezialisierten Teleskops ist damit durchaus ein Verlust für die Forschung. Doch für die Entscheidung, dieses Infrarotteleskop nicht mehr weiter zu betreiben, dürfte auch die erfolgreiche Platzierung des neuen Superteleskops JWST an seinem Lagrangepunkt 2 im All eine Rolle gespielt haben. JWST ist ebenfalls auf das ferne Infrarot spezialisiert und stellt mit seiner Leistungsfähigkeit selbst das berühmte Hubble Weltraumteleskop in den Schatten. Nach den derzeit laufenden Kalibrierungsarbeiten soll es im Sommer 2022 seinen Regelbetrieb aufnehmen und wird spannende Erkenntnisse auch von weit entfernten, alten Galaxien liefern. Es ist somit ein mehr als würdiger Nachfolger für SOFIA.

- Anzeige -