TamDEM-X vor Science Phase – Deutschland führend bei Radartechnologie

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Seit Juni 2007 kreist der Radarsatellit TerraSAR-X um die Erde, im Juni 2010 folgte ihm sein Zwilling TanDEM-X ins All. Seit knapp vier Jahren werden nun beide Satelliten beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im engen Formationsflug betrieben. Die Satelliten nahmen dabei Daten für die neue globale Topographie der Erde auf.

Das Ziel der Mission TanDEM-X (TerraSAR-X add-on for Digital Elevation Measurement) ist ein hochgenaues, dreidimensionales Abbild unserer Erde in einheitlicher Qualität und bislang unerreichter Genauigkeit.

Neue Radartechniken in der Science Phase

Für weite Teile der Erde existieren derzeit nur grobe, uneinheitliche oder lückenhafte Höhenmodelle aus unterschiedlichen Datenquellen und Erhebungsmethoden. TanDEM-X schließt diese Lücken und liefert ein homogenes Höhenmodell als unentbehrliche Grundlage für viele kommerzielle Anwendungen und wissenschaftliche Fragestellungen.

Mit Beginn der sogenannten Science Phase von TanDEM-X ist ein weiterer wesentlicher Meilenstein der Mission erreicht. "In der kommenden fünfzehnmonatigen Missionsphase werden Orbit und Aufnahmemodus so eingestellt und optimiert, dass neuartige Radartechniken und innovative Anwendungen erprobt und demonstriert werden können.

Die Erwartungen in der wissenschaftlichen Nutzergemeinde für die Science Phase sind sehr groß, und mehr als hundert Science Angebote wurden bereits eingereicht", erklärt Professor Alberto Moreira, Direktor des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. Mit dem Start der Umstellung der Formation am 17. September 2014 wurden die ersten Vorbereitungen für die Science Phase eingeleitet.

Formationsflug während sich die Erde weiterdreht

TanDEM-X entfernte sich von TerraSAR-X und fliegt seit dem 20. September 2014 mit einem Abstand von 76 Kilometern hinter seinem Zwilling. Dadurch entsteht ein zeitlicher Versatz von zehn Sekunden. Da sich die Erde am Äquator mit etwa 500 Metern pro Sekunde dreht, musste der Orbit von TanDEM-X zusätzlich um fünf Kilometer seitlich verschoben werden, damit beide Satelliten dasselbe Gebiet am Boden aufnehmen.

TanDEM-X beschreibt weiterhin eine helixförmige Bahn. Im Gegensatz zu den Aufnahmen für das Digital Elevation Model (DEM), dem digitalen Höhenmodelle der Erde, wird die Helix aber nicht für mehrere Wochen festgehalten, sondern es werden deutlich stärkere Variationen zugelassen: Der Abstand zwischen TanDEM-X und dem nominalen Orbit von TerraSAR-X wird in den nächsten fünf Monaten zwischen 0 und 1.000 Meter schwanken

"In der neuen Orbitkonfiguration können zum Beispiel Daten für Höhenmodelle mit einer Höhengenauigkeit von wenigen Dezimetern erstellt werden, was neue Anwendungen im Bereich der Geosphäre, Kryosphäre und Hydrosphäre eröffnet. Diese Daten sind einmalig und werden bei der Untersuchung von Vulkaneruptionen, Eisschmelze bis hin zu tomographischen Aufnahmen im Stadtbereich verwendet", so Professor Moreira. Die Orbitkonfiguration wird im Frühjahr 2015 nochmals verändert, um weitere Anwendungen und Demonstrationen zu ermöglichen.

Globales Höhenmodell der Erde wird prozessiert

Ziel ist es, beide Satelliten weiterhin interferometrisch zu betreiben, um eine dreidimensionale Abbildung der Erdoberfläche zu ermöglichen. Nach der Umstellung des Orbits in den letzten Wochen von TanDEM-X werden die beiden Satelliten unabhängig voneinander im sogenannten "Pursuit Monostatic"-Abbildungsmodus betrieben. Der Vorteil dieser neuen Orbitkonfiguration ist, dass die Abstände zwischen den Satelliten, die sogenannten Basislinien, wesentlich flexibler gestaltet werden können.

Hochaktuelles Thema ist das Auftauen der Permafrostböden, das durch die Erwärmung der Erde hervorgerufen wird und zu massiven Schädigungen an Straßen, Häusern und zu Hangrutschungen beiträgt. Heute weiß man, dass riesige Flächen betroffen sind, doch das genaue Ausmaß ist noch unbekannt. "In der neuen Missionsphase wird TanDEM-X exemplarisch mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung diese Gebiete kartieren und wertvolle Erkenntnisse zur Veränderung des Klimas beitragen", erklärt Professor Irena Hajnsek, die Wissenschaftskoordinatorin der Mission TanDEM-X.

Bereits am 17. September 2014 wurden bis auf wenige Ausnahmen die Aufnahmen für das globale Höhenmodell (DEM) abgeschlossen. Ein Datensatz von mehr als 2.500 Terabyte bildet die Grundlage für die neue Topographie der Erde. Die Qualität der bisher erstellten Höhenmodelle übertrifft alle Anforderungen. Finale DEM-Kacheln für mehr als ein Viertel der Landfläche – zum Beispiel für flache Gebiete Australiens, Nordamerikas, Sibiriens, Süd- und Westafrikas sowie Südamerikas – wurden bereits prozessiert. Bis Ende 2015 soll die neue 3D-Karte global verfügbar sein.

Deutschland hat führende Stellung in der Radartechnologie

"Beide Satelliten funktionieren einwandfrei, und der Treibstoff reicht sicherlich bis 2020", ergänzt Manfred Zink, DLR-Wissenschaflter und Projektleiter für das TanDEM-X-Bodensegment. "Wir denken schon über die Science Phase hinaus. Der operationelle Betrieb zweier SAR-Satelliten im engen Formationsflug ist ein Alleinstellungsmerkmal und der Beweis für Deutschlands führende Stellung in der Radartechnologie. Damit können wir noch genauere Höhenmodelle oder präzise Küstenlinien erstellen."

Der Erfolg von TanDEM-X bildet die Basis für weitere Entwicklungen innovativer Radartechnologien. Wissenschafler arbeiten bereits an einem neuen Missionsvorschlag mit einer digitalen Radarantenne: Tandem-L. Sie soll eine deutlich höhere Aufnahmefähigkeit erreichen, die TanDEM-X um den Faktor 100 überschreitet. Während TanDEM-X nur eine globale Aufnahme der Erde pro Jahr ermöglicht, wird Tandem-L zweimal pro Woche die gesamten Landmassen der Erde mit einer hohen Auflösung abbilden.

Somit kann Tandem-L dynamische Veränderungen auf der Erdoberfläche mit der erforderlichen Aufnahmewiederholfrequenz erfassen und dringend benötigte Informationen zur Lösung hochaktueller wissenschaftlicher Fragestellungen aus den Bereichen der Bio-, Geo-, Kryo- und Hydrosphäre liefern. Der Start für eine solche Mission könnte bereits 2020 erfolgen.

Abb. 1 zeigt das Pjasinadelta, wo sich der Strom in die Karasee mäandert.

Abb. 2 zeigt die durch Wind geformten Sandsteindühnen und Salzseen der Kalarahi im Osten Namibias.

Abb. 3 zeigt den Mount Hanang, mit einer Höhe von 3.418 Metern, im ostafrikanischen Grabenbruch in der Massaisteppe Tansanias im TanDEM-X Höhenmodell.

Abb. 2 zeigt den Palo Duro Canyon, den zweitgroßten Canyon der USA, im Norden von Texas

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