Entscheidung über Flugdienstzeiten im EU-Parlament

Geschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Nachdem die Neuregelung der Flugdienstzeiten, wie sie von der EU-Kommission vorgeschlagen worden waren, im EU-Verkehrsausschuss mit knapp Zweidrittel der Stimmen der Anwesenden zurückgewiesen wurde, folgt nun die Abstimmung in der nächsten Plenartagung im Gesamtparlament am 09. Oktober 2013.

Entgegen den üblichen demokratischen Gepflogenheiten muss hier das Gesetz nicht beschlossen werden, sondern es tritt automatisch in Kraft, wenn sich nicht mindestens 384 der 766 Stimmen dagegen aussprechen. "Wir erwarten, dass das Europäische Parlament dem Votum seines Fachausschusses folgt, alles andere wäre unverantwortlich.

Jeder einzelne Parlamentarier, der jetzt noch für diese unsichere Regelung stimmt, übernimmt damit die volle Verantwortung für künftige Unfälle aufgrund von Übermüdung.", so Ilja Schulz, Präsident der Vereinigung Cockpit. "Mit diesen Regeln ist es nur eine Frage der Zeit, wann wieder ein Unfall aufgrund von übermüdeten Piloten passiert."

Dienstzeit von 12:30 Stunden – Dritter Pilot nötig

Die Regelungen enthalten nach Ansicht von Wissenschaftlern kritische Lücken und Schwachstellen, die, so die Vereinigung Cockpit, offensichtlich deshalb nicht korrigiert werden, weil die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) den Wünschen der Airlines nach finanziellen Ersparnissen mehr Gewicht beimesse als den Sicherheitsinteressen. So wurde mehrfach von den Wissenschaftlern, die selbst durch die EASA beauftragt wurden, betont, dass eine Dienstzeit von mehr als zehn Stunden in der Nacht zu gefährlicher Übermüdung führt.

Dies könnte auf einigen Interkontinentalflügen bedeuten, dass ein dritter Pilot eingesetzt werden muss. Die meisten längeren Interkontinentalstrecken werden jedoch bereits heute mit einem zusätzlichen Piloten geflogen, so dass sich der Mehraufwand in engen Grenzen hält. Trotzdem hält die EASA an Zeiten zwischen elf und zwölf Stunden und dreißig Minuten fest. Eine Begründung lieferte die Kommission bis heute nicht.

Kürzere Zeiten in Amerika

In Amerika sind nur neun Stunden in der Nacht erlaubt. Des Weiteren ist die Kombination von Bereitschafts- und anschließender Dienstzeit in Amerika, aufgrund der wissenschaftlichen Empfehlungen, auf 16 Stunden begrenzt. In Europa soll es möglich sein, dass Piloten noch nach 22 Stunden Wachzeit und mehr, eine Landung durchführen müssen. Erkenntnisse zur biologischen Uhr und dem verbundenen Schlaf-Wach-Rhythmus werden hartnäckig von den Airlines und der Kommission verleugnet.

"Die Argumentation es handele sich um ein gutes Gesamtpaket ist irreführend. Eine Sicherheitskette ist immer nur so gut wie das schwächste Glied. Es nutzt der Sicherheit am Ende einer Schicht, an der man völlig übermüdet ist, nichts, wenn danach etwas längere Ruhezeiten gewährt werden. Die Schichtlänge muss so bemessen sein, dass gefährliche Übermüdung gar nicht erst auftreten kann. Es geht also nicht darum, weniger zu arbeiten, sondern diese im Interesse der Sicherheit zu verteilen", so Jörg Handwerg, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit.

"Zulassungsvorschriften": Parlament wird umgangen

Wesentliche Teile der Gesetzesregelung werden zudem dem Parlament nicht einmal vorgelegt. Die EU-Kommission hebelt die demokratischen Prinzipen aus, indem man wichtige Teilbereiche der Regelungen als "Zulassungsvorschriften" festlegen möchte. Somit bedürfen sie weder jetzt noch bei zukünftigen Änderungen der Zustimmung des Parlaments, sondern werden einzig von der EASA bestimmt. Die EASA erhebt sich somit ohne jegliche demokratische Legitimation zu einer eigenständigen gesetzgeberischen Instanz für die Dienstzeiten der Flugbesatzungen.

"Würden Sie einen Vertrag unterschreiben, wenn ihr Chef den Bereich "Vertragsbedingungen" geschwärzt hätte? Vermutlich nicht. Wie kann dann die Kommission vom Parlament erwarten, dass dieses einen Stempel unter ein Werk setzt, bei dem wichtige Bestandteile ihm weder bekannt sind, noch, dass es etwas über diese mitzureden hätte? Das Parlament darf hier nicht auf einem Auge blind gegenüber diesem intransparenten Verfahren sein", so Philip von Schöppenthau, Generalsekretär des europäischen Pilotenverbandes ECA.

- Anzeige -