Forschungsflugzeug HALO untersucht Verbreitung verschmutzter Luftmassen aus Südostasien

HALO im Abflug
HALO im Abflug: Das DLR-Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Longe Range Research Aircraft) ermöglicht Flüge mit einer interkontinentalen Reichweite von mehr als 8.000 Kilometer und Flughöhen bis zu 15 Kilometer (© DLR)
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Extreme Regenfälle des asiatischen Monsuns sorgen in Südostasien immer wieder für katastrophale Zerstörungen. Doch die Auswirkungen dieses großräumigen Wettersystems reichen weit über den indischen Subkontinent hinaus. Stark verschmutzte Luftmassen aus der bodennahen Atmosphäre in Südostasien gelangen dabei bis in die untere Stratosphäre über Europa. Diesen weiträumigen Transport untersucht von August bis Oktober 2023 ein Team deutscher Forschungseinrichtungen im Rahmen der Messkampagne PHILEAS (Probing High Latitude Export of Air from the Asian Summer Monsoon). Unter Leitung des Forschungszentrums Jülich und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind zahlreiche Messflüge mit dem Forschungsflugzeug HALO geplant.

Beginnend mit dem 04. August sind zunächst für zwei Wochen Flüge ab dem DLR-Standort Oberpfaffenhofen geplant. Anschließend wird das bis in 15 Kilometer Höhe aufsteigende DLR-Forschungsflugzeug HALO rund fünf Wochen von Anchorage in Alaska aus im Einsatz sein. Abschließend folgen weitere Flüge von Oberpfaffenhofen aus. Hierbei spielt HALO, eine modifizierte Gulfstream G 550, ihre große Reichweite von mehr als 8.000 Kilometer pro Flug aus.

Rund drei Tonnen wissenschaftliche Instrumente trägt das vom DLR betriebene Forschungsflugzeug bei dieser Kampagne an Bord. Diese liefern genauere Einblicke in die Transport- und Mischungsvorgänge in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre und auch, wie sich diese auf das globale Klima und Wetter auswirken.

Asiatischer Monsun wirkt auf gesamte Nordhalbkugel

Während der Sommermonate beeinflusst der asiatische Monsun die Verteilung von Aerosolen und Treibhausgasen auf der gesamten Nordhalbkugel. Durch seine großräumige Konvektion transportiert er Luft aus der verschmutzten bodennahen Grenzschicht in Südostasien bis in rund 16 Kilometer Höhe. Dort sammelt sich die verschmutzte Luft in der sogenannten Monsun-Antizyklone – einem riesigen Hochdruckgebiet in der oberen Troposphäre. Die Monsun-Antizyklone erstreckt sich zeitweise von der arabischen Halbinsel bis zur asiatischen Pazifikküste.

Von diesem Hochdruckgebiet spalten sich im Lauf des Sommers und im Frühherbst immer wieder Luftwirbel mit verschmutzter Luft ab, das heißt mit erhöhten Konzentrationen an Treibhausgasen und Aerosolen. Diese Wirbel wandern dann Richtung Nordosten über den Pazifik und werden schließlich in die untere Stratosphäre eingemischt. Neben den Verschmutzungen wird bei diesen Prozessen auch Wasserdampf in die untere Stratosphäre transportiert, der speziell in dieser Höhenregion klimarelevant ist.

„In der ersten Phase von PHILEAS soll die verschmutzte Luft in der Monsun-Antizyklone durch Messflüge von Oberpfaffenhofen in Richtung arabischer Halbinsel untersucht werden. Der Transport der verschmutzten Luftwirbel über den Pazifik nach hohen Breiten und das Mischen in die untere Stratosphäre werden in einer zweiten Kampagnenphase durch Messflüge von Anchorage aus untersucht“, sagt Prof. Martin Riese, Direktor des Jülicher Instituts für Stratosphäre.

Um den großräumigen Einfluss der Transport- und Mischungsvorgänge auf die Hintergrundatmosphäre bei hohen Breiten bewerten zu können, endet PHILEAS Anfang Oktober mit einer Messphase von Oberpfaffenhofen aus. Aus dem Vergleich mit der frühen Kampagnenphase lässt sich der Einfluss des Monsunsystems auf die untere Stratosphäre über Europa ableiten. Dafür gibt es aus früheren HALO-Expeditionen schon deutliche Hinweise.

Den Spurenstoffcocktail verstehen

Wesentliche Spurengasmessungen steuert dabei das DLR-Institut für Physik der Atmosphäre bei, das mit zwei Instrumenten an PHILEAS beteiligt ist. Stickoxide, die Summe aller reaktiven Stickstoffverbindungen, aber auch atmosphärische Säuren wie Salpetersäure und Salzsäure sind wichtige Parameter, um den Spurenstoffcocktail im asiatischen Monsun zu verstehen. „Diese Spurenstoffe tragen wesentlich zur Ozonchemie in dieser sensitiven Region der Atmosphäre ebenso wie zur Bildung von Aerosolpartikeln bei“, erläutert Dr. Helmut Ziereis vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. „Wie mit einem Express-Fahrstuhl werden die Spurengase von lokalen Quellen am Boden in die obere Troposphäre transportiert.“ Menschengemachte Emissionen durch den Verkehr oder aus der Industrie, aber auch die Verbrennung von Biomasse etwa bei Waldbränden, setzen Stickoxide und andere Spurenstoffe am Boden frei. Hinzukommen auch spezifische Quellen in der Atmosphäre selbst. Dazu zählen neben dem Flugverkehr vor allem die Produktion durch Blitze.

„Neben dem Ferntransport aus der Monsunregion ist die Untersuchung der verheerenden Waldbrände in Kanada ein weiteres Ziel der Messungen. Die Brände haben auch einen Einfluss auf die Stratosphäre: Die Feuer können heftige Konvektion auslösen und Aerosole und Verschmutzung sogar in Höhen von zwölf Kilometer oder höher eintragen. Durch PHILEAS haben wir die Chance, den Einfluss solcher Rauchfahnen auf die Zusammensetzung dieser Höhenregion und deren Entwicklung zu untersuchen“, sagt Prof. Peter Hoor, Leiter der Gruppe für Flugzeugmessungen am Mainzer Institut für Physik der Atmosphäre.

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