Planeten entdecken: NGTS-Suchkampagne von Exoplaneten

Blick auf die Te­le­sko­p­an­la­ge auf dem Pa­r­anal-Ob­ser­va­to­ri­um
Blick auf die Te­le­sko­p­an­la­ge auf dem Pa­r­anal-Ob­ser­va­to­ri­um (Foto: ESO)
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Die Welt der Exoplaneten – Planeten, die andere Sterne umkreisen – wird immer vielfältiger und facettenreicher. Die Einteilung der Planeten unseres Sonnensystems in Gesteins- und Gasplaneten kann den unterschiedlichen Eigenschaften, die man bei den über 4.000 in anderen Sternsystemen entdeckten Planeten gefunden hat, nicht gerecht werden. Die schiere Zahl an Neuentdeckungen ist aber nicht entscheidend. Vielmehr geht es um die genaue Charakterisierung durch Parameter wie Radius und Masse sowie um den inneren Aufbau des Planetenkörpers. Erst dadurch kann man etwas über die Entstehung und Entwicklung von Planeten erfahren. Die Teleskopanlage NGTS in den chilenischen Anden ermöglichte jüngst weitere wichtige Entdeckungen.

Über die Entdeckung dreier interessanter außergewöhnlicher Exoplaneten mit Beteiligung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde zum Teil schon in den vergangenen Wochen in Fachzeitschriften berichtet. Ganz aktuell kommt heute eine Veröffentlichung in Nature Astronomy über einen superschnellen und superheißen Planeten, LTT 9779b, dazu.

Bei all diesen Entdeckungen ist das DLR beteiligt, insbesondere über die Nutzung der Teleskopanlage NGTS (Next Generation Transit Survey), einer Teleskopanlage in Chile am Paranal-Observatorium, die seit 2015 in Betrieb ist. Acht der zwölf Kameras der Teleskopanlage steuerte das DLR bei. So hat NGTS bereits eine Reihe von Planeten entdeckt und zur Charakterisierung bereits bekannter Planeten beigetragen.

NGTS-11b: So groß wie Saturn und kühler als viele andere Exoplaneten

NGTS-11b ist ein Planet von der Größe des Saturn, der seinen Stern aber nur in rund 35 Tagen umkreist. Die Entdeckungsgeschichte beginnt mit einem einzelnen Transit, einer Passage des Planeten vor seinem Stern, der vom Weltraumraumteleskop TESS der NASA 2018 aufgenommen wurde. Da TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) aber die meisten Beobachtungsegmente nicht länger als 27 Tage untersucht, blieb es bei diesem einzelnen Transit. Ohne die systematische Suche über 79 Nächte mit einem der NGTS-Teleskope wäre der Planet ‘verloren’ gegangen. NGTS konnte aber einen zweiten Transit aufzeichnen, 390 Tage nach der Transitbeobachtung durch TESS. Aber auch damit konnte man die Umlaufzeit noch nicht genau bestimmen, jedoch immerhin deutlich einschränken: es konnten nicht mehr als 390 Tage sein, oder ganzzahlige Bruchteile davon.

Radialgeschwindigkeitsbeobachtungen des Planetensystems mit zwei verschiedenen Spektrographen an zwei verschiedenen Teleskopen lieferten weitere Informationen. Diese Entdeckung zeigt deutlich, wie wichtig hochpräzise photometrische Messungen vom Boden aus sind. Ohne die NGTS-Beobachtung hätte man den zweiten Transit dieses Planeten nicht entdecken und damit auch nicht seine Umlaufzeit bestimmen können. Aus der Umlaufzeit leitet sich der Abstand zum Zentralstern ab und damit auch seine Oberflächentemperatur. Mit 160 Grad Celsius ist es auf diesem Planeten zwar immer noch wärmer als auf der Erde, aber kühler als auf Venus oder Merkur und der Mehrzahl der entdeckten Planeten, viele von ihnen mit Temperaturen von über 1.000 Grad Celsius. Diese Beobachtungen zeigen deutlich das Potential von NGTS: Mit der Multiteleskopanlage ist es möglich, über lange Beobachtungszeiträume nach schwachen Signalen (kleinen “Transitdips”) zu suchen, wie sie neptungroße Planeten um einen sonnenähnlichen Stern verursachen.

TOI-849b: Bewohner der Neptunwüste

TOI-849b ist der Planetenkern eines Gasriesen. Er ist ein ‘Bewohner der Neptunwüste’, jener Region im Masse-Perioden-Diagramm, in dem bisher nur sehr wenige Planeten entdeckt wurden – NGTS-4b ist einer der wenigen. Generell scheint es dort an Planeten mit kurzen Umlaufzeiten und Massen wie jener des Neptun zu mangeln, also etwa dem 15- bis 20-fachen der Erdmasse. Mit einer Umlaufzeit von nur 18 Stunden hat TOI-849b einen Radius wie Neptun, ist aber doppelt oder sogar dreimal so schwer und damit ein recht dichtes Objekt. Es muss eine sehr ungewöhnliche Entwicklung hinter sich haben. Es könnte einmal ein Gasriese gewesen sein, der seine Atmosphäre durch äußere Einwirkung verloren hat. Oder es ist ein Gasriese, der es aber nicht geschafft hat, im Laufe seiner Entwicklung eine atmosphärische Hülle anzusammeln. Dieser Planet wurde zuerst von TESS entdeckt und als Einwohner der ‘Neptun-Wüste’ identifiziert. Nachbeobachtungen von vier Transitereignissen mit den NGTS-Teleskopen bestätigten die Entdeckung und verfeinerten die Werte für Radius und Umlaufzeit.

LTT 9779b: Superschnell und superheiß

LTT 9779b ist ein weiterer Einwohner der ‘Neptun-Wüste’: superheiß und superschnell, ganz ähnlich zu TOI-849. Er wurde ebenso zunächst von TESS entdeckt und dann von bodengebundenen Teleskopen wie NGTS nachbeobachtet. Wie TOI-849b braucht auch dieser Planet für einen Umlauf nur etwas mehr als 18 Stunden und umkreist seinen Stern daher so dicht, dass er wahrscheinlich eine Temperatur von über 1.700 Grad Celsius hat. Bei solchen Temperaturen sind alle Moleküle zerfallen und alle Eisenatome ionisiert. Auch hier stellt sich die Frage, wie sich dieser Planet entwickelt hat und wie er seine Atmosphäre unter der starken Einstrahlung halten konnte.

Bei den beiden letztgenannten Planetenentdeckungen wurde der neuentwickelte Multi-Teleskop-Modus verwendet. Dabei beobachten alle Teleskope der NGTS-Anlage das gleiche Objekt. Das verbesserte Verhältnis von beobachtetem Signal zum Hintergrundrauschen kann Transitsignale entdecken, bei denen die Helligkeit des Sterns durch die vorbeiziehenden Planeten um ein Tausendstel abnimmt.

Damit können mit NGTS-Beobachtungen Bereiche mit Planetenentdeckungen gefüllt werden, die von weltraumgestützten Teleskopen so nicht alleine abgedeckt werden können und ergänzt damit vergangene, gegenwärtige und zukünftige Weltraummissionen wie Kepler, TESS oder PLATO.

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