Galileo-Satelliten 7 und 8 senden Signale aus korrekter Umlaufbahn

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Am 27. März 2015 sind um 22:46 Uhr mitteleuropäischer Zeit (18:46 Uhr Ortszeit) die neuen Galileo-FOC-Satelliten (Full Operational Capability) “Adam” und “Anastasia” erfolgreich mit einer russischen Sojus-Rakete vom Raumfahrtzentrum Kourou in Französisch-Guyana ins All gestartet.

Sämtliche Stufen der Sojus funktionierten einwandfrei, und die Fregat- Oberstufe setzte die Satelliten 3 Stunden und 48 Minuten nach dem Start in ihrem Zielorbit in der mittleren Erdumlaufbahn aus. Damit ist die Flotte des europäischen Satellitennavigationssystems von sechs auf acht Satelliten angewachsen.

30 Satelliten für weltweite Navigationssignale

Nachdem “Adam” und “Anastasia” ihren Zielorbit erreicht hatten, entfalteten sich planmäßig die Solarpaneele, die die Satelliten mit Energie versorgen. Sämtliche Stufen der Sojus funktionierten deinwandfrei, und die Fregat- Oberstufe setzte die Satelliten 03:48 Stunden nach dem Start in ihrer Zielbahn in 23.500 km Höhe aus. In 23.222 Kilometern Höhe kreisen “Adam” und “Anastasia” nun um die Erde, die sie in etwa 14 Stunden einmal umrunden. Kurz darauf gab es die ersten “Lebenszeichen” im französischen Kontrollzentrum des CNES in Toulouse. Von dort werden in den kommenden Tagen auch die ersten Funktionstests an beiden Satelliten durchgeführt.

Die ersten 22 Satelliten der Aufbauphase werden von der OHB AG in Bremen gebaut. Marco R. Fuchs, Vorstandsvorsitzender der OHB SE, verfolgte den Start live aus Bremen: “Das war ein sehr emotionaler Moment für uns alle, die wir aus Bremen, Toulouse, Kourou und von überall auf der Welt beim Start und in den Stunden danach mitgefiebert haben. Ich bin sehr glücklich jetzt zu wissen, dass beide Satelliten in ihrem Zielorbit angekommen sind…” Dr. Ingo Engeln, Vorstand der OHB System AG, war während des Starts in Kourou: “Der Moment in dem die Rakete abhebt, das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Aber mit der Verantwortung für die Satelliten hat sich die Anspannung eben erst einige Stunden nach dem Start gelöst, als klar war, dass die Satelliten auch im Orbit einwandfrei funktionieren”. Beide Satelliten befinden sich im richtigen Orbit, sind korrekt ausgerichtet, haben ihre Solarpaneele erfolgreich entfaltet und die Verbindung zu Adam und Anastasia steht.

Die Satelliten senden nun hochpräzise Navigationssignale aus, die weltweit empfangen werden können. Benannt wurden auch diese Satelliten nach den Kindern, die im Jahr 2011 den Galileo-Malwettbewerb der Europäischen Kommission gewonnen hatten. Insgesamt 30 Satelliten, 24 für den Einsatz und sechs Ersatzsatelliten, soll die Flotte des europäischen Navigationssystems bei Erreichen der vollen Funktionsfähigkeit im Jahr 2020 umfassen.

Rettungsmanöver für die Galileo-FOC-Satelliten

“Nach dem Fehleinschuss der beiden Galileo-Satelliten im letzten Jahr ist der erfolgreiche Start der Satelliten sieben und acht ein wichtiges Signal für den weiteren Aufbau von Galileo”, betont René Kleeßen, Galileo-Programm-Manager beim Raumfahrtmanagement des DLR. “In der weiteren Planung für 2015 sind noch zwei weitere Starts im September und Dezember vorgesehen. Setzt sich der Aufbau des Systems so fort, plant die Europäische Kommission im Jahr 2016, eine offizielle Erklärung zu den ersten Galileo-Diensten abzugeben.” Galileo wird 2020 Ortungs- und Navigationsdienstleistungen in bisher nicht erreichter Präzision ermöglichen. Mindestens vier Satelliten decken dann rund um die Uhr jeden Punkt der Erde mit Signalen ab.

Der erste Galileo-FOC-Satellit namens Doresa erreichte seine korrigierte Umlaufbahn Ende November 2014. Sowohl die Navigationsnutzlast als auch die Nutzlast des Such- und Rettungsservice konnten in den folgenden Wochen intensiv getestet werden und haben inzwischen alle Tests erfolgreich bestanden. Auch der zweite Galileo-FOC-Satellit hat seine korrigierte Umlaufbahn, in der die Leistungsfähigkeit der Navigationsnutzlast getestet werden kann, erreicht.

Dies beinhaltete die schrittweise Anhebung der Satelliten über 3500 km, bei gleichzeitiger Überführung des Satelliten in eine kreisförmigere Umlaufbahn. Diese Operation begann Mitte Januar und konnte sechs Wochen später, nach insgesamt 14 einzelnen Manövern erfolgreich beendet werden. Der zweite FOC-Satellit namens Milena absolviert derzeit die gleiche Testphase für die Nutzlast wie zuvor der erste und konnte bisher alle Tests erfolgreich absolvieren.

Genauigkeit der Galileo Satellitennavigation ein bis vier Meter

Das Satellitensystem soll insgesamt vier Dienste anbieten: Einen offenen Dienst mit einer Genauigkeit bis zu vier Metern, einen kommerziellen Dienst mit höherer Genauigkeit von bis zu einem Meter, einen Dienst mit verschlüsselten und zuverlässigen Signalen – beispielsweise für Behörden – sowie einen Such- und Rettungsdienst. Galileo macht Europa aber auch unabhängig von den militärisch genutzten Diensten GPS (USA), GLONASS (Russland) sowie Beidou (China) und garantiert damit, dass die Navigationsdaten jederzeit zur Verfügung stehen.

Mit “Milena” und “Doresa” waren im August 2014 die ersten beiden Satelliten aus der so genannten Aufbauphase von Galileo gestartet. Aufgrund eines technischen Defektes an der Oberstufe (Fregat) der Sojus-Trägerrakete wurden sie jedoch in einer Umlaufbahn ausgesetzt, die außerhalb des Zielorbits lag. Dies hat dazu geführt, dass die Satelliten nicht in der geplanten kreisförmigen, sondern in einer elliptischen Umlaufbahn um die Erde fliegen.

Zwar hat Galileo-Kontrollzentrum Oberpfaffenhofen ESA und mit deren Unterstützung inzwischen eine Bahnkorrektur durchführen können, um den Orbit zu optimieren. Doch wenn die Satelliten vollständig in den Galileo-Betrieb integriert werden sollen, wäre noch eine Anpassung des Bodensegments notwendig. “In Zusammenarbeit mit mehreren an Galileo beteiligten europäischen Kontrollzentren ist es unserem Betriebsteam gelungen, die Satelliten mit dem bordeigenen Antriebssystem und dem begrenzten Treibstoff in eine bessere Ausgangssituation zu bringen” , erläutert Walter Päffgen, Geschäftsführer der DLR GfR mbH, die das Galileo-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen betreibt.

In der ersten Phase von Galileo, der so genannten Entwicklungsphase, wurden 2011 und 2012 insgesamt vier Satelliten zur Erprobung des Systems ins Weltall gestartet. Im März 2013 konnte mit ihrer Hilfe die erste autonome Position mit Galileo-Signalen ermittelt werden. Diese Satelliten wurden von Airbus Defense and Space in Ottobrunn bei München gebaut.

Produktion der Galileo-FOC-Satelliten

Der fünfte Galileo-FOC hat bereits alle Funktions-, Performance- und Umwelttests bestanden. Auch Nummer sechs hat alle Funktions- und Performancetests bestanden und wird in den nächsten Wochen die Umwelttests absolvieren. Bei OHB in Bremen wird derzeit an insgesamt sieben Produktionsinseln parallel an der Fertigung der Galileo-FOC-Satelliten gearbeitet.

Die Gesamtkosten für die Entwicklung und den Aufbau von Galileo liegen bei zirka sechs Milliarden Euro. Daran ist Deutschland mit rund 20 Prozent beteiligt. Die Aufbauphase wird von der Europäischen Kommission beauftragt, finanziert und durchgeführt. In ihrem Auftrag verhandelt die ESA die Industrieverträge für Entwicklung und Bau des Systems.

Die Ausschreibung für die restlichen acht Satelliten soll voraussichtlich noch in diesem Jahr durch die Europäische Kommission erfolgen. Am DLR-Standort in Oberpfaffenhofen ist eines von zwei Galileo-Kontrollzentren stationiert. Am 05. April 2015 übernimmt das Galileo-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen im Auftrag der ESA und der Europäischen Kommission auch die Verantwortung für Anastasia, am 06. April für Adam. Später übernimmt die Bodenstation in Fucino die Inbetriebnahme der Nutzlast. Für den Aufbau der deutschlandweiten Galileo-Testgebiete, der GATEs, ist das DLR Raumfahrtmanagement in Bonn verantwortlich.

Abbildung 1 zeigt den Start der Sojus-Rakete mit den beiden Galileo-Satelliten Nr. 7 und 8 in Kourou. Abbildung 2 zeigt die Satelliten im Nutzlastvorbereitungsgebäude, wo sie zum Upper Composite mit der Nutzlastverkleidung in die Fregat-Oberstufe installiert, und dann im mobilen Startturm auf die drei Stufen der Sojus-Rakete montiert werden (Abbildung 3).

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