Austausch und Ehrungen: DLRK zeigt auf Potenziale

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Drei Tage lang ging es beim 66. Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress (DLRK) in München um neue Erkenntnisse, Projekte und Forschungsergebnisse aus der Luft- und Raumfahrt. Am 07. September fand die Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) einen erfolgreichen Abschluss.

In insgesamt 80 Sitzungen fanden etwa 300 Vorträge statt und 30 Poster wurden präsentiert. Die Vielzahl an Themen und Plattformen wie zum Beispiel der “Dialogtag Luftfahrt” ermöglichten einen regen Austausch. Mit 660 Teilnehmern war der Kongress der am besten besuchte der letzten fünf Jahre. Die Höhepunkte waren sechs spannende Plenarvorträge und eine Podiumsdiskussion.

Elektrisch fliegen technisch bereits möglich

“Wir sind in diesem Jahr sehr zufrieden mit der hohen Teilnehmerzahl, was Rückschlüsse auf die hohe Qualität der Vorträge zulässt. Referenten wie Jan Wörner oder Greg Wyler haben wichtige Impulse für die Zukunft unserer Raumfahrt gegeben”, sagte DGLR-Präsident Prof. Rolf Henke. “Unsere Podiumsdiskussion wiederum hat gezeigt, dass wir technisch zum elektrischen Fliegen lange in der Lage sind. Jetzt müssen wir zusammen an einer Integration in die bestehenden Strukturen arbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass wir von all diesen Themen in Zukunft noch viel hören und lesen werden.”

Dem elektrischen Fliegen und seinen Herausforderungen widmete sich auch der erste Plenarvortrag von Frank Anton, Siemens. Die zunehmende Implementierung von elektrischen Antrieben soll in erster Linie Emissionen und Lärm reduzieren, die beim Fliegen entstehen. Anton sieht seine Vision von einer Taxidrohne mit zwei bis vier Sitzen bereits in fünf Jahren Wirklichkeit werden. Zentraler Faktor der derzeitigen Forschungsarbeiten ist die Sicherheit für Passagiere und Umfeld. Passagierflüge auf elektrischem Wege seien erst ab 2035 denkbar, so Anton.

ESA-Generaldirektor Johann-Dietrich (Jan) Wörner warb in seinem Vortrag für eine zukünftige enge Zusammenarbeit Europas auf dem Gebiet der Raumfahrt. Die von ihm als Space 4.0 bezeichnete Entwicklung bricht seit einigen Jahren die alten Raumfahrtstrukturen auf. Es entstehen immer mehr private Unternehmen, die sich auf dem ursprünglich von großen Agenturen wie der NASA und der Europäischen Weltraumorganisation ESA dominierten Markt positionieren. Aus diesem Grund wird ein permanenter Austausch zwischen Wissenschaft und Industrie, an dem sich auch Organisationen wie die ESA beteiligen, laut Wörner immer wichtiger. Er zeigte auf, wie wichtig der europäische Zusammenhalt für die Weiterentwicklung der Raumfahrt ist.

Auch Greg Wyler versucht mit seinem Projekt “OneWeb” Menschen einander näher zu bringen. OneWeb soll, wie Wyler in seinem Plenarvortrag erklärte, durch eine Megakonstellation von Satelliten global flächendeckenden Internetzugang bieten, damit abgelegene Haushalte nicht kostspielig mit Glasfaserkabel angeschlossen werden müssen. OneWeb soll aus 648 Kleinsatelliten bestehen und für den globalen Internet- und Datenempfang ein Netz um die Erde spannen. Ab 2019 sollen darüber bereits die ersten Internetdienste verfügbar sein.

Forscher der Aerodynamik und Fliegerei geehrt

Im Rahmen des DLRK fand auch die Verleihung des Ludwig-Prandtl-Rings statt. Die Ehre wurde dieses Jahr dem Maschinenbauer Prof. Dr. Helmut E. Sobieczky in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Aerodynamik in Lehre, Forschung und Anwendung zuteil. Er habe Methoden und Werkzeuge geschaffen, die sowohl theoretisch ausgereift als auch praktisch einsetzbar sind.

Sobieczky leistete etwa mit seiner selbstentwickelten Rheographen-Methode wesentliche Beiträge zur exakten Berechnung von transsonischen Strömungen um Profile und Tragflügel sowie Beiträge zur Beschreibung der Geometrie von Flugzeugoberflächen im Rahmen von Entwurfsaufgaben. Darüber hinaus entwickelte er für den aerodynamischen Entwurf wichtige Methoden und Optimierungswerkzeuge. Auch seine Forschungsarbeiten zum Entwurf und zur Optimierung von Flugzeugen im supersonischen und hypersonischen Bereich sind von großer praktischer Bedeutung. Arbeiten von Sobieczky zum Thema Überschall-Verkehrsflugzeug haben dazu geführt, dass ihm vom Scientific Committee des International Center of Mechanical Sciences (CISM) die wissenschaftliche Leitung der Kurse “New Design Concepts for High Speed Air Transport” am International Centre for Mechanical Sciences in Italien übertragen wurde.

Segelflieger erforscht Leewellen

Mit der Otto-Lilienthal-Medaille wurde Klaus Ohlmann für seine Verdienste auf dem Gebiet des Segelflugs ausgezeichnet. In seinen Projekten und Forschungsflügen leistete er wichtige Beiträge im Gebirgssegelflug und der Atmosphärenforschung in Hochgebirgsregionen. Klaus Ohlmann ist studierter Zahntechniker und stellte mit dem Segelflugzeug etliche Streckenrekorde, wodurch er unzählige Segelflieger an die Hochgebirgs-Leistungsfliegerei heranführte. Der heute 65-jährige konnte in seiner Laufbahn als Segelflieger über 50 Weltrekorde verbuchen und mehrere Meisterschaften gewinnen. Mit seinem Engagement und seiner Risikobereitschaft wurden die Leistungsgrenzen im Segelflug beachtlich erweitert.

Ohlmann entwickelte Methoden für den Segelflug in extremen Höhen, in denen Turbulenzen aus Leewellen für den Flug problematisch werden können. Hierzu initiierte er Projekte und Flugversuchskampagnen, bei denen er selbst die Forschungsflüge durchführte. Die DGLR verlieh ihm die Otto-Lilienthal-Medaille “für die Erbringung ingenieurorientierter Leistungen hohen Ranges wissenschaftlicher Art auf dem Gebiet der Luftfahrt.” Klaus Ohlmann, exzellenter Segelflieger, habe mit seinem Einsatz und wohlüberlegter Risikobereitschaft Forschung in großen Höhen mit einem Segelflugzeug ermöglicht. Seinem Engagement sei es überhaupt erst zu verdanken, dass die Forschung an Leewellen durchgeführt und die Luftfahrt damit ein Stück sicherer gemacht werden konnten.

Leewellen sind eine bekannte Quelle von Turbulenzen in wolkenfreier Atmosphäre. Sie treten an der vom Wind abgewandten Seite von Bergen auf und sind meist nicht zu sehen. Um diese zu untersuchen setzte Ohlmann das Mountain Wave Project (MWP) in Gang. Die Forschungsflüge per Segler über den Anden halfen unter anderem dabei, die Strömungsphysik der Wellen und ihre potenziellen Instabilitäten besser zu verstehen und vorherzusagen. Mit seinen jüngsten Expeditionen im Himalaya trug Ohlmann außerdem wesentlich zur hochgenauen 3D-Vermessungen der Topographie im Hochgebirge bei. Über den Segelflug hinaus setzt sich Ohlmann aktuell öffentlichkeitswirksam für elektrisch angetriebene Flugzeuge ein.

2003 stellte Ohlmann in Argentinien mit 3008,8 km in 15 Stunden und 17 Minuten den Weltrekord im Streckensegelflug über eine frei gewählte Strecke auf. Im Jahr 1996/1997 gewann er in der Offenen Klasse den Barron Hilton Cup. Seine Leidenschaft für das Segelfliegen entdeckte er erst nach seinem Studium ganz zufällig bei einem Doppelsitzer-Flug.

DLRK 2018 in Friedrichshafen

Beim DLRK kamen noch viele weitere Vertreter aus der Wissenschaft und Industrie zusammen, um neue Konzepte vorzustellen, aktuelle Fragen zu diskutieren und sich auszutauschen. Unter dem Motto “Luft- und Raumfahrt – im Dienst der Gesellschaft” wurde ein breites Themenspektrum abgedeckt, das von Cybersicherheit in der Luftfahrt bis zur Zukunft des Raumtransports reichte. Der Termin für den DLRK im nächsten Jahr steht bereits fest. Vom 04. bis 06. September 2018 findet das größte wissenschaftlich-technische Networking-Event der Branche im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen statt.

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