Hyperspektralsatellit EnMAP startbereit am Kennedy Space Center (USA)

Der deutsche Umweltsatellit EnMAP ist bereit für seinen Einsatz im All: Der deutsche Umweltsatellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program), der im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Deutschland entwickelt und gebaut und für seinen Einsatz im All getestet wurde, ist bereit für seinen Start
Der deutsche Umweltsatellit EnMAP ist bereit für seinen Einsatz im All: Der deutsche Umweltsatellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program), der im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Deutschland entwickelt und gebaut und für seinen Einsatz im All getestet wurde, ist bereit für seinen Start. (© OHB System AG/DLR)
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EnMAP sieht die Welt ganz anders, als Menschen sie sehen: Der deutsche Umweltsatellit misst die Sonnenstrahlung, die von der Erdoberfläche reflektiert wird. Dabei registriert EnMAP nicht nur das sichtbare Licht, sondern auch kurzwelliges Infrarot. Mit diesen Aufnahmen sind präzise Aussagen zum Zustand und zu Veränderungen auf der Erdoberfläche möglich. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR in Bonn leitet im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz diese einzigartige Mission. Institute und Einrichtungen im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind an der Vorbereitung und dem Betrieb der Mission beteiligt und werten die Daten wissenschaftlich aus.

Der Hyperspektralsatellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program) soll am Freitag, 01. April, an Bord einer Falcon-9-Rakete des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX von Cape Canaveral in Florida (USA) starten. Das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) in Oberpfaffenhofen übernimmt den Satellitenbetrieb im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im GSOC führen in ihren Kontrollräumen schon seit 1969 Raumflugmissionen durch. Das GSOC hat inzwischen über 70 Missionen erfolgreich betrieben. Dazu zählt auch das Satelliten-System TerraSAR-X und TanDEM-X, das seit 2007 die Erde mit Radarwellen beobachtet. Daraus lassen sich zum Beispiel Lagekarten von Überschwemmungen und Erdbeben für den Katastrophenschutz erzeugen. Die Daten von EnMAP helfen nun, aktuelle Fragen aus den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft, Landnutzung, Wasserqualität und Geologie zu beantworten.

242 Kanäle für mehr Farbtöne als Rot, Grün und Blau

Das Earth Observation Center (EOC) im DLR ist für die Verarbeitung der EnMAP-Daten zuständig: „Wir empfangen die Missionsdaten und verarbeiten sie weiter. Anschließend stellen wir sie über ein Webportal Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit kostenfrei zur Verfügung“, sagt Prof. Günter Strunz vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD). Der Satellit überträgt die Daten an die Empfangsstationen des DLR in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) und Inuvik (Kanada). Sie werden kalibriert, korrigiert und als Bildkarte dargestellt. „Die Daten von EnMAP sind keine Bilder im klassischen Sinne, sondern spektrale Messwerte“, ergänzt Günter Strunz. Im sichtbaren Licht lassen sich alle Farben aus den drei Grundfarben Rot, Grün und Blau erzeugen. Klassische Kameras nehmen wie unsere Augen das Licht nur in den drei Grundfarben Rot, Grün und Blau wahr. Ein hyperspektrales System wie EnMAP unterscheidet eine Vielzahl von Farbtönen – und dies sogar in Teilen des Infrarot-Spektrums, das für das menschliche Auge unsichtbar ist. Insgesamt bildet der Satellit die Erdoberfläche in Spektren aus 242 Kanälen ab.

Störende Einflüsse der Atmosphäre werden korrigiert

Die Aufbereitung der Daten ermöglicht aussagekräftige Ergebnisse. Der letzte standardisierte Verarbeitungsschritt im EOC ist die Atmosphärenkorrektur. „Das reflektierte Signal wird durch die Atmosphäre verändert. Der Einfluss von Teilchen wie Wasserdampf und Aerosolen muss also korrigiert werden, damit wir nur die genaue Reflektanz an der Erdoberfläche erhalten“, erklärt Prof. Peter Reinartz vom DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung. Das Institut bildet gemeinsam mit dem DFD das EOC. „Aus den Ergebnissen lassen sich zum Beispiel physikalische, chemische und biologische Parameter von Böden ableiten. Eine Frage könnte sein, wieviel Kohlenstoff die Böden binden. Oder ob aus einer Pipeline Methan entweicht.“

Im DLR wird auch das Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) die EnMAP-Daten nutzen. Das ZKI ist in globale Netzwerke wie die Internationale Charta „Space and Major Disasters“ eingebunden. Bei großen Naturkatastrophen beschafft und analysiert das ZKI Erdbeobachtungsdaten mit dem Ziel, aktuelle Lageinformationen für Behörden und Rettungskräfte bereitzustellen. Diese Lageinformationen wurden etwa bei den Überschwemmungen in NRW und Rheinland-Pfalz im vergangenen Juli verwendet.

Technologie für das „Auge“ des Satelliten

Das DLR-Institut für Optische Sensorsysteme in Berlin hat im Unterauftrag der OHB-System AG eines der beiden „Augen“, beziehungsweise eine der sogenannten „Fokalebenen“ von EnMAP entwickelt. Die Fokalebene ist mit der Netzhaut eines menschlichen Auges vergleichbar. Bei optischen Satelliten trifft das Licht entsprechend auf die Fokalebene, wird dort in ein elektrisches Signal umgewandelt und weitergeleitet. Das Modul für den sichtbaren und Nahinfrarot-Bereich (kurz VNIR) ist nur etwa 12 x 12 x 4 Zentimeter groß und wiegt 1050 Gramm. Der gesamte Satellit hat ein Gewicht von 950 Kilogramm. „Die Fokalebene, die das Institut für EnMAP entwickelt hat, gehört zu einer langen Reihe erfolgreicher Projekte“, sagt Institutsleiter Prof. Heinz-Wilhelm Hübers. Dazu zählt ebenfalls das vom DLR entwickelte Hyperspektral-Instrument DESIS auf der Internationalen Raumstation ISS, das Daten über den Vegetationszustand der Erde liefert. Wie DESIS steht auch die Fokalebene von EnMAP für den Technologietransfer.

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