Mit der Technologie-Plattform PtL (TPP) geht das Deutsche Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR) einen entscheidenden Schritt, um Technologien für die Produktion strombasierter Kraftstoffe – auch Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL) oder E-Fuels genannt – in industriellem Maßstab voranzubringen. Ziel des Projekts ist es, die Lücke zwischen Entwicklung und industriellem Markthochlauf zu schließen. So soll die Markteinführung dieser Kraftstoffe unterstützt werden. Strombasierte Kraftstoffe sind zusätzlich zu alternativen Antrieben und weiteren Verbesserungsmöglichkeiten notwendig, um ambitionierte Klimaschutzziele vor allem im Mobilitätsbereich zu erzielen.
DLR erhält rund 12,7 Millionen Euro vom BMDV
Am 14. März 2023 hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bekanntgegeben, dass das DLR als erfolgreicher Bewerber aus dem Auswahlverfahren für eine solche Plattform hervorgegangen ist. Für die Planungsphase der Technologie-Plattform PtL erhält das DLR rund 12,7 Millionen Euro vom BMDV. Eine weitere Förderung des DLR für die spätere Umsetzungsphase wird Ende 2023 bekannt gegeben.
„Strombasierte Kraftstoffe sind unsere beste Option, die Klima- und Umweltwirkung von Langstreckenflügen schnell und deutlich zu senken. Wir kennen den Weg dahin und legen jetzt los, um die notwendigen Technologien vom Labor in die industrielle Anwendung zu bringen. Die Technologie-Plattform PtL ist für die Hochskalierung ein entscheidender Meilenstein. Sie leistet einen Beitrag zur Zukunftssicherung des Industrie- und Mobilitätssektors in Deutschland und Europa“, sagte Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR.
E-Fuels bzw. Power-to-Liquid-Kraftstoffe
Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr erläuterte: „Um E-Fuels auf dem Weg Richtung Markthochlauf voranzubringen, brauchen wir das geballte Know-how aus Theorie und Praxis, aus Wissenschaft und Wirtschaft. Dafür setzen wir auf eine Demonstrationsplattform im semi-industriellen Maßstab. Hier können Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette Hand in Hand zusammenarbeiten und die E-Fuels-Technologie skalieren und optimieren. Ich freue mich, dass wir mit dem DLR einen vernetzten wie erfahrenen Forschungspartner gewinnen konnten, der die Demonstrationsplattform als Großforschungsanlage errichten und Dritten zur Verfügung stellen wird.“
Bisher größte Forschungsanlage für Herstellung strombasierter Kraftstoffe
Die TPP schließt die Lücke zwischen Forschung und industrieller Herstellung. Sie soll aus zwei aufeinander aufbauenden Anlagensträngen bestehen: Im Forschungsstrang der Anlage wird das DLR mit weiteren Akteuren aus Wissenschaft und Industrie neuartige Technologien und Prozesse erproben. Die Forschenden werden dafür detaillierte wissenschaftliche Analysen durchführen und einzelne Komponenten optimieren. Der Schwerpunkt des Demonstrationsstrangs wird auf dem Kampagnenbetrieb einer semi-industriellen Anlage zur Produktion strombasierter Kraftstoffe mit einer Kapazität von bis zu 10.000 Tonnen pro Jahr liegen. Aktuell wäre die TPP damit die weltweit größte Forschungsanlage im Bereich der strombasierten Kraftstoffe. Für den Demonstrationsstrang ist ein modularer Aufbau vorgesehen. So können unterschiedliche Herstellungswege und die dafür benötigten Technologien und Komponenten auf ihre Praxistauglichkeit untersucht und verglichen werden. Dies ist ein besonders wichtiger Schritt. Denn nicht alles, was in kleinem Maßstab im Labor funktioniert, lässt sich für eine industrielle Produktion einfach größer bauen.
Gesamte Prozesskette im Blick
Das Themenspektrum der TPP reicht von erneuerbaren Energien als Quelle für strombasierte Kraftstoffe bis zur Zertifizierung und zur Demonstration des Einsatzes dieser Kraftstoffe. Das Vorhaben basiert auf dem umfassenden Know-how entlang der gesamten Prozesskette und der langen Erfahrung, die das DLR in diesen Bereichen mitbringt: vom Fuel Design, also der Entwicklung von Kraftstoffen mit maximaler Leistung und minimaler Klima- und Umweltwirkung, über die techno-ökonomische Untersuchung und Entwicklung von Herstellungswegen und die Integration strombasierter Kraftstoffe ins gesamte Energiesystem bis hin zur Anwendung und Emissionsmessungen, beispielsweise mit Hilfe spezieller Forschungsflugzeuge des DLR.
Fuel Design: gezielte Kraftstoff-Entwicklung reduziert auch nicht-CO2-Effekte
Strombasierte Kraftstoffe haben das Potenzial, nicht nur größere Mengen an CO2 einzusparen, sondern auch die sogenannten nicht-CO2-Effekte erheblich zu senken. Dazu gehört der Ausstoß von Stickoxiden, Rußpartikeln oder Wasserdampf. In der Luftfahrt sind derzeit die nicht-CO2-Effekte rund doppelt so hoch wie die Klimawirkung des freigesetzten CO2. Zum Beispiel können Rußpartikel und Wassersdampf in der Atmosphäre Kondensstreifen verursachen, die einen zusätzlich wärmenden Effekt haben. „Strombasierte Kraftstoffe bieten in diesem Kontext einen weiteren Vorteil: den des sogenannten Fuel Designs. Das heißt, wir können die chemische Zusammensetzung dieser Kraftstoffe so optimieren, dass beim Verbrennungsprozess beispielsweise kein Ruß oder Feinstaub mehr entsteht. Das verbessert zudem auch die Luftqualität vor Ort“, fasst der Leiter des TPP-Projekts Prof. Manfred Aigner vom DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart zusammen.
Was sind strombasierte Kraftstoffe?
Strombasierte Kraftstoffe – auch E-Fuels oder Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL) genannt – sind flüssige Kraftstoffe. Um sie herzustellen, kommen Kohlenstoff zum Beispiel aus der Luft und Wasserstoff, der mittels Elektrolyse gewonnen wird, zum Einsatz. Wird der eingesetzte Strom mittels erneuerbarer Ressourcen wie Wind- oder Sonnenenergie produziert, sind die so erzeugten Kraftstoffe klimaneutral. Das heißt, sie setzen beim Verbrennungsprozess nur so viel CO2 frei, wie bei ihrer Herstellung vorher gebunden wurde.
Viele Mobilitätsbereiche werden langfristig auf große Mengen an flüssigen Energieträgern angewiesen sein. Dazu zählen insbesondere die Luft- und Schifffahrt, aber auch Fahrzeuge, die nicht ohne weiteres elektrifiziert werden können, weil sie sehr schwer sind und weite Distanzen überbrücken müssen.
Ein weiterer Vorteil strombasierter Kraftstoffe: Für Transport, Verteilung und Speicherung kann weitgehend auf bereits vorhandene Infrastruktur und Fahr- beziehungsweise Flugzeuge zurückgegriffen werden.