Piloten melden sich für airberliner zu Wort

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Nach den Flugausfällen bei airberlin wurden schnell die Piloten zu Schuldigen gestempelt, in der Öffentlichkeit sei sogar die Rede von wilden Streiks gewesen. Dazu hat ein Kapitän der airberlin einen offenen Brief an COO Iffert verfasst. Ebenso meldete sich nun die Pilotengewerkschaft Cockpit (VC) zu Wort. Erst ein Blick hinter die Kulissen zeige das wahre Bild. Die Piloten der airberlin arbeiten seit Jahren für ein Unternehmen in wirtschaftlicher Schräglage, so die VC. Genauso lange werden sie aufgrund zu ertragender aber erfolgloser Sparmaßnahmen mehr und mehr unter Druck gesetzt. Seit dem 15.08.2017 befindet sich airberlin nun in der Insolvenz und alle Mitarbeiter müssen um ihre Zukunft bangen.

Existenzängste bei Piloten für VC Sicherheitsrisiko

In dieser Situation wurde den Piloten am 11.09.2017 mitgeteilt, dass das airberlin-Management zwar mit potentiellen Partnern über Flugzeuge und Streckenrechte verhandeln wird, aber eine tarifliche Lösung zur Weiterbeschäftigung für die Mitarbeiter derzeit nicht angedacht sei. Die sich daraus ergebende Extremsituation in Bezug auf Existenzängste und der daraus resultierenden psychischen Belastungen führten unweigerlich dazu, dass sich der ein oder andere Pilot nicht mehr in der Lage sah, konzentriert seiner Arbeit nach zu gehen und einen sicheren Flugbetrieb zu gewährleisten.

Da die Sparmaßnahmen bei airberlin die Personalsituation in allen Bereichen bis an die Grenze ausgedünnt hat, führte schon die Erhöhung des Krankenstandes von rund zehn Prozent zum Kollaps des Flugbetriebs.

Hans Albrecht, Kapitän bei der airberlin, wandte sich entschieden gegen eine Verurteilung des Personals, und schrieb an COO Iffert, wandte sich damit aber gleichfalls an den gesamten Vorstand sowie den Generalbevollmächtigten und den Sachverwalter. Es läge sicher nicht an der Crew und ihrem aufopferungsvollen Einsatz, dass das Unternehmen Jahr für Jahr immer weiter in die Verschuldung gerutscht sei. Ob Iffert nicht wisse, dass die Mitarbeiter neben ihrer vertraglich geschuldeten Leistung bereit waren, die viel zitierte Extra-Meile zu gehen, dass die Mitarbeiter in vielerlei Hinsicht Verzicht übten, in der Hoffnung auf Besserung. Die Mitarbeiter hätten dagegen bereitwillig unpopuläre Maßnahmen zur Restrukturierung der Airline mitgetrugen. All das waren die Beschäftigten bereit zu erdulden, weil ihnen vom Führungspersonal versprochen worden war, dass so die Wende erreicht werden könne. Der psychische Druck speziell auf die Piloten sei immens. “Wie kann unter solchen Umständen ein sicherer Flugbetrieb gewährleistet werden?”, stellt Pilot Albrecht die Frage?

Zum Unverständnis der VC wurden Flüge gestrichen, für welche Fluggerät und komplette Crew verfügbar waren. “Es stellt sich die Frage, ob z.B. die ebenfalls unter Personalknappheit leidende Einsatzzentrale den Flugbetrieb gar nicht so schnell wieder in die Normalität überführen konnte, letztlich jedoch die airberlin-Piloten dafür öffentlich verantwortlich gemacht werden sollen.”, so Ilja Schulz, Präsident der Vereinigung Cockpit.

Frage der Beschäftigtenübernahme

Entgegen anderslautenden Berichten, gibt es keine besseren Vergütungstarifverträge für die Piloten der ex-LTU oder ex-dba. Das Tarifniveau der airberlin liegt in vergleichbaren Regionen, wie das von easyJet und Condor und damit weit entfernt von teilweise veröffentlichten Gehältern. Condor und easyJet stehen in der Verantwortung, in ihren Geboten nicht nur Flugzeuge und Slots, sondern auch die Mitarbeiter der airberlin zu umfassen. Nur durch einen geregelten Übergang auch des Personals, haben sie die Gewissheit geschlossener Tarifverträge und können sich so mit ihren Mitarbeitern ganz auf den Wettbewerb am Markt konzentrieren.

Das weit darunterliegende Tarifniveau der Eurowings führt zu weiteren Ängsten bei den airberlin Piloten. Sollte die Eurowings sich tatsächlich für bis zu 50 Prozent des airberlin-Geschäfts interessieren, befürchten viele Piloten Gehaltseinbußen um die 30 Prozent.

Besondere Verantwortung hat nach Eingang der Gebote aller Interessenten der Generalbevollmächtigte Herrn Dr. Kebekus. Seine Aufgabe sei es nicht nur die Gläubiger möglichst zu befriedigen, sondern auch für geregelte Übergänge der Belegschaft von airberlin zu sorgen. Die Managementfehler der letzten Jahre dürften jetzt nicht einseitig auf das Personal abgewälzt werden, so die VC, die nach Eingang der Gebote nochmals zu entsprechenden Verhandlungen auffordern will.

Kapitän Albrecht nannte dies eine Unklarheit, in der man die Belegschaft lasse, über ihre wirtschaftliche und berufliche Zukunft. Im Unklaren deshalb, um die Verunsicherung durch das Schüren von Existenzängsten auf ein Maximum zu treiben, so Albrecht. Ziel dieser Vorgehensweise sei offensichtlich, sich vertraglicher ‘Altlasten’ zu entledigen, um auf diese Weise die Bedingungen des gesamten tarifierten Cockpitpersonals in Deutschland in der Nach-Air-Berlin-Ära erheblich unter Druck zu bringen.

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