NASA testet alternativen Kraftstoff über Deutschland

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DLR und NASA werden im Januar 2018 erstmals gemeinsame Forschungsflüge in Deutschland durchführen. Es geht um die weitere Erforschung von Emissionen durch alternative Kraftstoffen und die Charakterisierung der Eiskristalle in Kondensstreifen, wobei exemplarisch Biokraftstoff zum Einsatz kommt.

Erste gemeinsame Flüge des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA fanden im Jahr 2014 in Palmdale/Kalifornien statt. Die früheren Flüge zeigten, dass eine Beimischung von 50 Prozent alternativem Kraftstoff im Reiseflug die Rußpartikelemissionen eines Flugzeugtriebwerks um 50 bis 70 Prozent gegenüber der Verbrennung von reinem Kerosin reduziert. Mit den nun geplanten Forschungsflügen sollen die Partikelemissionen und ihr Einfluss auf die Wolkenbildung aus Kondensstreifen und damit ihre Klimawirkung bestimmt werden.

NASA und DLR schaffen das nur gemeinsam

Ab dem 14. Januar 2018 wird dafür das NASA-Forschungsflugzeug DC-8 für drei Wochen nach Deutschland kommen und gemeinsam mit dem DLR-Forschungsflugzeug A320 ATRA fliegen. “Wir freuen uns über das Vertrauen der NASA, solch eine umfangreiche Mission mit uns gemeinsam in Deutschland durchzuführen”, sagt DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. Die Forschungsflüge werden von der Ramstein Air Base aus starten.

“Die NASA könnte diese Forschungsflugmission nicht alleine stemmen”, sagt Bruce Anderson, wissenschaftlicher Leiter der Mission bei der NASA. “Wir bringen hier beide Forschungseinrichtungen mit ihren Ressourcen und Forschungsinfrastrukturen in einer Weise zur Untersuchung von alternativen Kraftstoffen zusammen, wie es niemals zuvor möglich war.” Die gemeinsame Forschungsflugkampagne trägt den Namen ND-MAX/ECLIF 2 (NASA/DLR-Multidisciplinary Airborne eXperiments/Emission and CLimate Impact of alternative Fuel).

Im Rahmen der internationalen Forschungsmission wird das DLR-Forschungsflugzeug A320 ATRA (Advanced Technology Research Aircraft) mit verschiedenen Kraftstoffmischungen fliegen, während das vollinstrumentierte “Fliegende Labor” DC-8 der NASA in sicherem Abstand folgt, um im Abgasstrahl Rußpartikel, Gasemissionen und Eiskristalle im Kondensstreifen zu messen. Dabei sind zahlreiche Messgeräte des DLR an Bord des NASA-Flugzeugs installiert.

Rußpartikel in der Luft vermessen

“Wir haben Instrumente zur simultanen Vermessung der Größenverteilung der Ruß-und Eispartikel sowie der gasförmigen Emissionen im Nachlauf des ATRA an Bord der DC8 installiert”, berichtet Dr. Hans Schlager vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. “Der Fokus unserer Messungen liegt darauf, die Emissionen beim Einsatz verschiedener Kraftstoffmischungen zu charakterisieren. Besonders interessiert uns wie sich die Rußemissionen der unterschiedlichen Treibstoffe auf die Strahlungseigenschaften und Lebensdauer der Kondensstreifen auswirken.”

Derzeit arbeiten mehrere DLR-Wissenschaftler und Ingenieure am Heimatstandort der DC-8 beim Armstrong Flight Research Center der NASA in Kalifornien am Einbau der Messgeräte. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen auf dem Gelände der NATO Air Base in Ramstein, Rheinland-Pfalz, von wo aus die Forschungsflüge in der zweiten Januarhälfte jeweils ihren Ausgangspunkt haben. “Wir sind gerade dabei den speziell für die Flugversuche produzierten Kraftstoff anzuliefern”, sagt André Krajewski von den DLR-Flugexperimenten.

HEFA: Was leisten reine Paraffine?

“Für insgesamt acht geplante gemeinsame Forschungsflüge haben wir Kraftstoff-Mischungen mit einem Anteil von 30 Prozent bis 50 Prozent beigemischtem HEFA.” Der exemplarisch gewählte Biotreibstoff HEFA (Hydroprocessed Esters and Fatty Acids) wird zu großen Teilen aus dem Öl von Leindotter-Pflanzen gewonnen, er steht hier exemplarisch für alternative Kraftstoffe, die auch synthetisch sein könnten.

Neben den Emissionen interessiert das internationale Forscherteam ebenfalls, wie sich die verschiedenen Kraftstoffmischungen auf die Leistungsfähigkeit der Triebwerke auswirken. “Biotreibstoffe wie HEFA unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung zu herkömmlichem Kerosin dadurch, dass sie reine Paraffine sind und keine zyklischen Kohlenwasserstoffe beinhalten. In Mischung mit herkömmlichem Jet A-1 Kerosin erhält man einen zugelassenen Kraftstoff”, erklärt Dr. Patrick Le Clercq vom DLR-Institut für Verbrennungstechnik. “Diese veränderte Zusammensetzung hat Auswirkungen auf die Bildung von Ruß bei der Verbrennung.”

Bisherige gemeinsame Forschungsflüge

In den vergangenen Jahren fanden bereits mehrere Forschungskampagnen in den USA und in Deutschland zu alternativen Kraftstoffen statt, bei denen verschiedene Forschungsflugzeuge bei unterschiedlichen meteorologischen Bedingungen eingesetzt wurden. Frühere Forschungskampagnen unter der Leitung der NASA fanden 2013 und 2014 in Kalifornien unter dem Namen ACCESS I und II statt (Alternative Fuel Effects on Contrails and Cruise Emissions). Während dieser Kampagnen flog die DC-8 der NASA mit alternativen Kraftstoffen, während kleinere Forschungsjets wie die Falcon HU-25 der NASA und Falcon 20 des DLR im Abgasstrahl Messungen durchführten.

2015 folgte die ECLIF-Kampagne unter Leitung des DLR in Deutschland, bei der ebenfalls Forscher der NASA beteiligt waren. Bei dieser Kampagne flog der A320 ATRA des DLR mit alternativen Treibstoffen und die instrumentierte DLR-Falcon 20 führte im Nachlauf Messungen der Emissionen und Kondensstreifen durch. Zudem fanden umfangreiche Emissionsmessungen bei Standläufen am Boden statt.

Weniger Ruß, und hoffentlich: weniger Eiskristalle

Bisherige Ergebnisse der Forschungsflüge zeigten eine deutliche Verringerung der Rußemissionen bei alternativen Kraftstoffen und legen nah, dass damit die Anzahl an Eiskristallen in Kondensstreifen reduziert wird. “Die geringere Rußemission bei diesen Kraftstoffen ist eine gute Nachricht für die Umwelt, und sie wäre noch besser, wenn die Flugtests bestätigen, dass sich damit auch die Anzahl der Eiskristalle in Kondensstreifen reduzieren lässt”, sagt NASA-Forscher Anderson.

DLR-Forscher Dr. Hans Schlager ergänzt: “Diese Frage ist von großer Bedeutung, weil Kondensstreifen und die sich daraus bildenden Zirruswolken vermutlich eine größere wärmende Wirkung auf die Erdatmosphäre haben, als alle über mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre gesammelten Kohlendioxid-Emissionen des Luftverkehrs zusammen.” Kondensstreifen bestehen aus vielen kleinen Eispartikeln, die sich durch Kondensation von Wasserdampf an den Rußpartikeln der Flugzeugabgase bilden.

Die Kondensstreifen können in Höhen von etwa acht bis 12 Kilometern bei feucht-kalten Bedingungen mehrere Stunden bestehen und hohe Wolken sogenannte Kondensstreifen-Zirren bilden. Diese Wolken können je nach Sonnenstand und Untergrund lokal eine wärmende oder kühlende Wirkung entfalten. Die Kenntnis darüber ist für die Beurteilung der Klimawirkung der Luftfahrt essentiell. Bisherige Forschungsarbeiten legen nahe, dass global die wärmende Wirkung überwiegt.

Günstige Bedingungen in Deutschland

Für die anstehenden DLR/NASA-Flüge, mit den geplanten Messungen der Eiskristalle in Kondensstreifen, sind die meteorologischen Bedingungen im Winter in Deutschland für die Bildung von Kondensstreifen günstig. Durch den Einsatz des DLR A320 ATRA als “Emissionsquelle” und der NASA DC-8 als Messplattform, können die Forscher ihre Flugtests in Höhen und mit üblichen Reisefluggeschwindigkeiten von Passagierjets durchführen, wo sich Kondensstreifen typischerweise bilden. Dabei konnten die Forscher in der DC-8 die bisher umfangreichste Messinstrumentierung für solche Untersuchungen installieren wobei die Hälfte der Messgeräte vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre stammt.

Wenn alles glatt läuft mit den letzten Vorbereitungen für die gemeinsame Forschungsflugkampagne, dann startet der erste gemeinsame Flugtest am 16. Januar 2018. Geplant ist dann bis zum 02. Februar 80 Flugstunden für Messungen zu absolvieren.

Bewährte Zusammenarbeit

Bereits seit 19 Jahren arbeiten DLR und NASA im Bereich der Atmosphärenforschung zusammen. In der Luftfahrtforschung engagieren sich beide Partner besonders bei gemeinsamen Forschungsprojekten in den Bereichen Luftverkehrsmanagement sowie lärm- und emissionsarmes Fliegen. Auf den Fotos: DLR-Forschungsflugzeug ATRA; Der Airbus A320-232 “D-ATRA” (Advanced Technology Research Aircraft) ist das größte Mitglied der DLR-Forschungsflotte. Die DC-8 der NASA vor dem Testflug; Während der Forschungsflüge werden die vier CFM56-Triebwerke der DC-8 abwechselnd mit regulärem JP-8 Flugtreibstoff und einer eins zu eins Mischung aus JP-8 und dem Biotreibstoff HEFA (Hydroprocessed Esters and Fatty Acids) betrieben. HEFA wird aus dem Öl der Camelina-Pflanzen gewonnen.

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1 Kommentar

  1. […] Die Technologie ist erprobt und funktioniert, aber es müssen nun auch tatsächlich Anlagen gebaut werden. Die deutsche Luftfahrt bringt sich in diesen Prozess ein und arbeitet gemeinsam mit der Politik in Bund und Ländern, mit Anlagenbauern und mit Anlagenbauern und der Energie- und Mineralölwirtschaft eine Roadmap für die Markteinführung. In diesem Prozess muss auch sichergestellt werden, dass die alternativen Kraftstoffe auch von den Fluggesellschaften abgenommen werden können, ohne dass dies zu Verwerfungen im Wettbewerb führt und ohne dass dies die wirtschaftliche Erholung der stark von der Krise getroffenen Luftverkehrsunternehmen abwürgt. […]

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