Airbus: Wirtschaftlich stark, Unwägbarkeiten erheblich

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Airbus SE hat die Ergebnisse für die ersten neun Monate dieses Jahres veröffentlicht und die Prognose für das Gesamtjahr bestätigt. Der starke Auftragsbestand und ein gesundes Marktumfeld bestärken weiterhin die Hochlaufpläne in der Zivilflugzeugproduktion. Die Prognose wird daher bestätigt, obwohl sich der Auslieferungsplan für dieses Jahr extrem nach hinten verschoben hat. Das ist in erster Linie auf die bekannten Triebwerksprobleme bei der neuen A320neo-Familie zurückzuführen, die mit geared Turbofans, also durch Getriebe untersetzte Fans die Luftfahrt deutlich treibstoffsparender machen sollen.

Der Auftragseingang1 belief sich auf insgesamt 50,8 Mrd. Euro (Januar bis September 2016: 73,2 Mrd. Euro). Der Auftragsbestand1 lag zum 30. September 2017 bei 945 Mrd. Euro (Jahresende 2016: 1.060 Mrd. Euro). Insgesamt gingen 271 Nettobestellungen für Zivilflugzeuge ein (Januar bis September 2016: 380 Flugzeuge). Der Auftragsbestand belief sich Ende September auf 6.691 Flugzeuge.

Die Zahl der Nettobestellungen bei Hubschraubern lag bei 210 (Januar bis September 2016: 211 Nettobestellungen), darunter 14 Maschinen vom Typ H175 im dritten Quartal. Defence and Space verzeichnete vor allem im Bereich Military Aircraft einen anhaltend hohen Auftragseingang. Im dritten Quartal gingen Bestellungen für insgesamt fünf A330 MRTT aus Deutschland und Norwegen ein. Der Gesamtauftragseingang von Defence and Space wurde durch den veränderten Konsolidierungskreis in Folge der Portfolioanpassung und durch das schwache Telekommunikationssatellitengeschäft beeinträchtigt.

454 Flugzeuge der Zivilsparte ausgeliefert

Der Umsatz lag trotz des veränderten Konsolidierungskreises bei Defence and Space stabil bei 43,0 Mrd. Euro (Januar bis September 2016: 42,7 Mrd. Euro). Auf vergleichbarer Basis ist der Umsatz gestiegen. Der Umsatz im Zivilflugzeuggeschäft stieg um vier Prozent. Commercial Aircraft lieferte 4542 Flugzeuge aus (Januar bis September 2016: 462 Maschinen), darunter 350 Maschinen der A320-Familie, 50 A350 XWB, 45 A330 und neun A380. Der Umsatz von Helicopters stieg leicht; 266 Hubschrauber wurden ausgeliefert (Januar bis September 2016: 258 Hubschrauber). Der Umsatz von Defence and Space spiegelte den negativen Effekt von rund 1,4 Mrd. Euro infolge des veränderten Konsolidierungskreises wider.

Das bereinigte EBIT belief sich auf insgesamt 1.796 Mio. Euro (Januar bis September 2016: 2.408 Mio. Euro). Es handelt sich hierbei um eine alternative Finanzkennzahl und einen Schlüsselindikator zur Erfassung der operativen Gewinnspanne ohne Berücksichtigung wesentlicher Aufwendungen oder Erträge aus Rückstellungsveränderungen für Programme, Restrukturierung oder Währungsschwankungen sowie Veräußerungsgewinnen/-verlusten aus dem Verkauf oder Erwerb von Unternehmen.

Das bereinigte EBIT von Commercial Aircraft betrug 1.545 Mio. Euro (Januar bis September 2016: 1.836 Mio. Euro). Insbesondere wirkten sich der Auslieferungsmix bei Flugzeugen, Phaseneffekte sowie die Preise in der Umstellungsphase aus.

Der industrielle Hochlauf der A350-Produktion schreitet weiter zügig voran. Das A350-Programm ist auf einem guten Weg, das Produktionsziel von zehn Flugzeugen pro Monat bis Ende 2018 zu erreichen. Bei der A350 wurden zudem Fortschritte bei der Annäherung der laufenden Kosten an die Zielvorgaben erreicht. Nach der Stornierung von vier A350-Auslieferungsslots durch Qatar Airways wurde eine Vereinbarung unterzeichnet, der zufolge die Airline zum Jahresende vier weitere fertiggestellte Maschinen abnimmt.

Triebwerke als Ersatzteilspender mitgeliefert

Im Rahmen des A320neo-Programms wurden 90 Flugzeuge an 19 Kunden übergeben. Herausforderungen bestehen weiterhin hinsichtlich des A320neo-Hochlaufs und des Auslieferungsplans, dessen Schwerpunkt im vierten Quartal liegen wird. Die Priorität liegt derzeit bei den Auslieferungen von Triebwerken an Kunden zur Nutzung als Ersatzteile, wie mit den Triebwerksherstellern vereinbart. Anfang 2017 waren rund 200 A320neo-Auslieferungen für das Gesamtjahr vorgesehen. Aufgrund von Engpässen bei der Verfügbarkeit von Triebwerken und deren Aufteilung zwischen OEMs und Ersatzteilpools werden die A320neo-Auslieferungen voraussichtlich geringfügig unter den Zielvorgaben liegen. Das Programm A330neo hat im Oktober mit dem erfolgreichen Erstflug einen wichtigen Meilenstein erreicht.

Das bereinigte EBIT von Helicopters sank auf 165 Mio. Euro (Januar bis September 2016: 200 Mio. Euro). Dies spiegelte einen ungünstigen Produkt-Mix insbesondere aufgrund eines geringeren Flugstundenvolumens im kommerziellen Servicegeschäft sowie die Auswirkungen des inzwischen aufgehobenen H225-Flugverbots wider. Diese Effekte wurden teilweise durch die Transformationsmaßnahmen der Division gemildert. Airbus arbeitet mit seinen Kunden weiterhin an der vollen Wiederaufnahme des Betriebs der zivilen H225-Flotte.

Das bereinigte EBIT von Defence and Space belief sich aufgrund des veränderten Konsolidierungskreises auf 357 Mio. Euro (Januar bis September 2016: 436 Mio. Euro). Auf vergleichbarer Basis blieb es jedoch weitgehend stabil.

A400M: Noch nicht alles fertig

In den ersten neun Monaten des Jahres 2017 wurden zwölf A400M ausgeliefert, im Vorjahreszeitraum waren es elf. Die 2016 festgehaltenen operativen und kommerziellen Annahmen stellen weiterhin die bestmögliche aktuelle Einschätzung des Managements dar. In der Zwischenzeit wurde das Produktionsniveau jedoch angepasst, um Bestände abzuarbeiten; die Auslieferungspläne werden derzeit noch mit den Kunden diskutiert. Die Entwicklungstätigkeiten mit Blick auf die Einhaltung des überarbeiteten Zeitplans für den Fähigkeitsaufwuchs wurden fortgesetzt.

Das Erreichen der vertraglich vereinbarten technischen Fähigkeiten und die Einhaltung des entsprechenden Kostenplans sind nach wie vor höchst anspruchsvolle Aufgaben. Auch die rechtzeitige Sicherung ausreichender Exportaufträge, die Kostenreduzierung, die industrielle Effizienz und das wirtschaftliche Risiko bleiben Herausforderungen, die erhebliche Auswirkungen auf das Programm haben könnten. Mit der OCCAR und den Kundennationen laufen Gespräche über den Abbau von Risiken im A400M-Programm.

Wirtschaftszahlen

Die Aufwendungen des Konzerns für eigenfinanzierte Forschung und Entwicklung sanken auf 1.918 Mio. Euro (Januar bis September 2016: 2.015 Mio. Euro). Das berichtete EBIT von 2.312 Mio. Euro (Januar bis September 2016: 2.356 Mio. Euro) enthielt Nettoanpassungen in Höhe von +516 Mio. Euro. In den ersten neun Monaten des Jahres 2016 beliefen sich die Nettoanpassungen auf -52 Mio. Euro. Die Anpassungen für die ersten neun Monate des Jahres 2017 beinhalteten:

  • Einen Aufwand in Höhe von 150 Mio. Euro im A400M-Programm, davon einen Aufwand von 80 Mio. Euro im dritten Quartal, der die Produktionsanpassung und die fälligen Kompensationen widerspiegelt;
  • Einen positiven Beitrag in Höhe von 43 Mio. Euro aufgrund der Differenz von Dollar-Zu- und ‑Abflüssen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und aufgrund bilanzieller Neubewertungen;
  • Einen aktualisierten Nettoveräußerungsgewinn in Höhe von 604 Mio. Euro aus dem Verkauf des Verteidigungselektronik-Geschäfts;
  • Einen positiven Nettoeffekt in Höhe von 19 Mio. Euro aufgrund weiterer Portfolioanpassungen bei Defence and Space.

Das Konzernergebnis3 belief sich auf 1.851 Mio. Euro (Januar bis September 2016: 1.811 Mio. Euro) nach EBIT-Anpassungen. Der Gewinn je Aktie lag bei 2,39 Euro (Januar bis September 2016: 2,34 Euro). Positiv beeinflusst wurden Konzernergebnis und Gewinn je Aktie insbesondere durch die Neubewertung von Finanzinstrumenten und Bilanzpositionen. Das Finanzergebnis lag bei 92 Mio. Euro (Januar bis September 2016: -342 Mio. Euro).

Der Free Cash Flow vor Fusionen und Übernahmen sowie Kundenfinanzierungen verbesserte sich auf -3.344 Mio. Euro (Januar bis September 2016: -4.184 Mio. Euro), obwohl die Entwicklung durch den Aufbau von Lagerbeständen im Zusammenhang mit dem Hochlauf und den Verzögerungen bei den NEO-Triebwerken belastet wurde. Der Free Cash Flow in Höhe von -3.208 Mio. Euro (Januar bis September 2016: -2.649 Mio. Euro) beinhaltete Netto-Erlöse von rund 600 Mio. Euro aus dem Verkauf des Verteidigungselektronik-Geschäfts.

Der Cash-Flow für die Flugzeugfinanzierung verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr um rund 100 Mio. Euro auf -440 Mio. Euro Das Flugzeugfinanzierungsumfeld ist insgesamt weiterhin solide und zeichnet sich durch eine hohe Liquidität am Markt aus. Airbus arbeitet mit den Exportkreditagenturen (ECAs) weiterhin konstruktiv an der Wiederaufnahme einer teilweise ECA-gestützten Finanzierung.

Die Nettoliquidität lag zum 30. September 2017 bei 6,7 Mrd. Euro (Jahresende 2016: 11,1 Mrd. Euro) nachdem im zweiten Quartal 1,0 Mrd. Euro an Dividenden für das Jahr 2016 gezahlt wurden. Die Bruttoliquidität belief sich auf 18,0 Mrd. Euro (Jahresende 2016: 21,6 Mrd. Euro).

Selbstanzeige von Airbus: Unwägbare Belastungen

Die Ermittlungen der britischen Antikorruptionsbehörde (Serious Fraud Office – SFO) und der französischen Finanzstaatsanwaltschaft (Parquet National Financier – PNF), die nach der Selbstanzeige von Airbus bei den britischen Behörden eingeleitet wurden, dauern an. Airbus arbeitet vollumfänglich mit beiden Behörden zusammen, auch was potenzielle Themen im gesamten Geschäft von Airbus angeht. Die Ermittlungen von SFO und PNF und sich daraus ergebende etwaige Strafen könnten sich für Airbus negativ auswirken.

Eine etwaige Verhängung von Geldstrafen (und deren Höhe) oder anderer Sanktionen aufgrund der von SFO und PNF eingeleiteten Ermittlungen hängt letztendlich von den sachlichen und rechtlichen Ermittlungsergebnissen ab und könnte erhebliche Auswirkungen auf Abschluss, Geschäft und betriebliche Aktivitäten von Airbus haben. Derzeit ist es jedoch verfrüht, eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit oder des Ausmaßes solcher potenziellen Folgen abzugeben4 .

Im Rahmen einer Überprüfung von Verfahren zur Einhaltung gesetzlicher US-Vorschriften hat Airbus einige Ungenauigkeiten bei Anträgen festgestellt, die das Unternehmen gemäß Part 130 der US-Vorschriften für den internationalen Waffenhandel (International Traffic in Arms Regulations – ITAR) beim US-Außenministerium eingereicht hatte. Airbus hat daraufhin die amerikanischen Behörden hierüber informiert und kooperiert mit den US-Behörden. Airbus ist weder in der Lage, die mögliche Dauer der Untersuchung noch die Höhe oder Bandbreite etwaiger Einbußen, Strafen oder anderer staatlicher Maßnahmen abzuschätzen, die diese Angelegenheit nach sich ziehen könnte.

Ausblick

Der Ausblick von Airbus für das Geschäftsjahr 2017 basiert auf der Erwartung, dass Weltwirtschaft und Luftverkehr gemäß den vorherrschenden unabhängigen Prognosen wachsen. Diese beruhen auf der Prämisse, dass es zu keinen größeren Turbulenzen kommt. Die Airbus-Prognosen für Gewinn und Free Cash Flow für das Jahr 2017 gehen von einem gleichbleibenden Konsolidierungskreis aus.

  • Vorbehaltlich der Einhaltung der Zusagen der Triebwerkshersteller wird Airbus 2017 voraussichtlich mehr als 700 Zivilflugzeuge ausliefern.
  • Vor Fusionen und Übernahmen rechnet Airbus mit einem Wachstum des bereinigten EBITs und des bereinigten Gewinns pro Aktie im mittleren einstelligen Prozentbereich im Vergleich zu 2016.
  • Der Free Cash Flow vor Fusionen und Übernahmen sowie Kundenfinanzierungen wird voraussichtlich mit dem des Jahres 2016 vergleichbar sein.

Der veränderte Konsolidierungskreis bei Defence and Space wird voraussichtlich zu einem Rückgang des bereinigten EBIT und des Free Cash Flows vor Fusionen und Übernahmen sowie Kundenfinanzierungen um rund 150 Mio. Euro führen, beim bereinigten Gewinn je Aktie wird ein Rückgang um rund 14 Cent erwartet.

Airbus – Ergebnisse erste neuen Monate 2017

(Beträge in Euro)

Airbus 9M 2017 9M 2016 Veränderung
Umsatz, in Mio. 42.953 42.705 +1%
davon Verteidigung, in Mio. 6.408 7.190 -11%
EBIT (bereinigt), in Mio. 1.796 2.408 -25%
EBIT (berichtet), in Mio. 2.312 2.356 -2%
Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, in Mio. 1.918 2.015 -5%
Konzernergebnis (Net Income)3, in Mio. 1.851 1.811 +2%
Gewinn je Aktie 2,39 2,34 +2%
Free Cash Flow (FCF), in Mio. -3.208 -2.649
Free Cash Flow vor Fusionen & Übernahmen, in Mio. -3.781 -4.729
Free Cash Flow vor Fusionen & Übernahmen und Kundenfinanzierungen, in Mio. -3.344 -4.184
Auftragseingang1, in Mio. 50.790 73.218 -31%
Airbus 30. September 2017 31. Dezember 2016 Veränderung
Auftragsbestand1, in Mio. 945.186 1.060.447 -11%
davon Verteidigung, in Mio. 38.153 39.811 -4%
Nettoliquidität, in Mio. 6.718 11.113 -40%
Mitarbeiter 130.917 133.782 -2%

Der Umsatz im dritten Quartal 2017 stieg um zwei Prozent, in erster Linie bei Commercial Aircraft. Dies wurde teilweise durch geringere Umsätze aufgrund eines Rückgangs der Auslieferungen und im Servicegeschäft bei Helicopters sowie den geänderten Konsolidierungskreis bei Defence and Space kompensiert.

Das bereinigte EBIT für das dritte Quartal 2017 sank um vier Prozent aufgrund der stabilen Leistung von Commercial Aircraft, wo ungünstige Auslieferungs- und Phaseneffekte und Preise in der Umstellungsphase sowie Hochlaufkosten durch Rückenwind im Bereich F&E und Fortschritte beim industriellen Hochlauf im A350-Programm kompensiert wurden. Airbus hat zudem seine Investitionen in die Innovationstätigkeit der Zentrale fortgesetzt.

Das berichtete EBIT für das dritte Quartal 2017 stieg auf 521 Mio. Euro. Es umfasste im dritten Quartal 2017 verbuchte negative Netto-Anpassungen in Höhe von -176 Mio. Euro. Diese stehen im Zusammenhang mit einem Aufwand in Höhe von -80 Mio. Euro für das A400M-Programm, der die Produktionsanpassung und die fälligen Kompensationen widerspiegelt, Portfolio-Anpassungen bei Defence and Space in Höhe von 35 Mio. Euro und einem Wechselkurs-Effekt in Höhe von -131 Mio. Euro aufgrund der Differenz von Dollar-Zu- und -Abflüssen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und aufgrund bilanzieller Neubewertungen. Die EBIT-Anpassungen für das dritte Quartal 2016 beliefen sich auf -224 Mio. Euro.

Das Konzernergebnis im dritten Quartal 2017 stieg insbesondere aufgrund günstiger Wechselkurseffekte auf 348 Mio. Euro.

Fußnoten

  1. Beiträge und Bestände aus dem zivilen Flugzeuggeschäft zum Auftragseingang bzw. Auftragsbestand basieren auf Listenpreisen.
  2. Davon 452 Auslieferungen mit Umsatzrealisierung.
  3. Airbus verwendet weiterhin den Begriff Konzernergebnis (Net Income). Das Konzernergebnis ist identisch mit dem Ergebnis, das den Eigentümern des Mutterunternehmens gemäß den IFRS-Regeln zusteht.
  4. Einzelheiten zu diesen Ermittlungen und anderen Rechtsstreitigkeiten und Schadensersatzansprüchen entnehmen Sie bitte dem Jahresabschluss und insbesondere dem Konzernzwischenbericht in Kurzfassung, Anmerkung 20: “Rechtsstreitigkeiten und Schadensersatzansprüche”, zum 30. September 2017 auf der Airbus-Website.
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