Spacelab – Pionierprojekt der europäischen Raumfahrt

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Vor 34 Jahren wurde das Spacelab in seine Umlaufbahn gebracht und war damit Wegbereiter der europäischen bemannten Raumfahrt. Es folgten zahlreiche technologische Meilensteine wie automatische Transferfahrzeuge, Columbus mit seinem jetzt zehnjährigen Jubiläum oder das europäische Servicemodul des Raumschiffs Orion.

Der erste Flug des Spacelabs am 28. November 1983 war die erste von insgesamt 22 Spacelab-Missionen, darunter auch eine mit Ulf Merbold. In deren Rahmen wurden wegweisende wissenschaftliche Experimente durchgeführt, z. B. in den Bereichen neue Materialien, der Verarbeitung von pharmazeutischen Produkten und astronomische Beobachtungen. Ein Industriekonsortium unter der Leitung von MBB-Erno, einem der Vorläufer von Airbus, baute dieses erste europäische Raumlabor.

Beginn einer großartigen Freundschaft

“Lassen Sie uns auch nach diesem Start in dem von Kooperation und gegenseitiger Unterstützung geprägten Geist zusammenarbeiten, der uns heute hier zusammengeführt hat.” Diese Worte des damaligen NASA-Administrators James M. Beggs bei der Feier zur Ankunft des Spacelabs aus Europa 1982 in den USA wurden später tatsächlich wahr. Das Spacelab wird zwar seit 1998 nicht mehr eingesetzt, es wurde aber als Vorlage für das von Airbus Defence and Space konstruierte Raumlabor Columbus verwendet, den europäischen Beitrag zur Internationalen Raumstation ISS.

Columbus – Ort für wegweisende Forschung

Columbus ist seit zehn Jahren die erste dauerhafte europäische Forschungseinrichtung im All. Seit Columbus 2008 an die Raumstation andockte, wurden in dem Forschungslabor Hunderte Experimente durchgeführt. Eine große Herausforderung war z. B. die Änderung der Position der Raumstation 2012, durch die die Aufzeichnung einer vollständigen Drehung der Sonne um ihre eigene Achse mit den SOLAR-Instrumenten ermöglicht werden sollte. Damit wurde zum ersten Mal die Flugbahn der ISS geändert, um ein wissenschaftliches Experiment durchzuführen.

ATV – Hoch entwickelter Raumfrachter

Ein weiterer großer Erfolg für Airbus war, dass die fünf automatischen Transferfahrzeuge (Automated Transfer Vehicles, ATVs) vom Jahr 2008 bis zum Jahr 2015 insgesamt über 31,5 Tonnen Versorgungsgüter zur ISS gebracht haben. Mit den ATVs hat Airbus gezeigt, dass das Unternehmen Fahrzeuge bauen kann, die automatisch an die ISS andocken können. Dieses technologische Know-how ist für zukünftige Weltraumerforschungsprojekte unerlässlich. Außerdem hat Airbus die Transportmittel in Europa produziert, ohne eine umfangreiche Unterstützung durch die NASA oder Russland. Mit den ATVs das Unternehmen für große Raumfahrtprogramme ein Partner auf Augenhöhe für die NASA.

Bemannte Raumfahrt

“Durch Spacelab, Columbus und die ATVs verfügen wir über das notwendige Know-how, um ein extrem zuverlässiges System höchster Qualität zu entwickeln, das für den Erfolg zukünftiger NASA-Erkundungsmissionen äußerst wichtig sein wird: das europäische Servicemodul des bemannten Multifunktionsfahrzeugs Orion”, sagte Nicolas Chamussy, Leiter von Space Systems bei Airbus.

Das NASA-Raumschiff Orion soll Menschen bis zum Mond und noch weiter bringen – möglicherweise bis zu einem Asteroiden und vielleicht in den 2030er-Jahren bis zum Mars. Airbus ist Hauptvertragspartner für das europäische Servicemodul (ESM). Es soll unter dem Crew-Modul platziert werden und bei zukünftigen bemannten Raumfahrtmissionen für Energie, Antrieb, Temperaturkontrolle, Wasser und Luft sorgen.

ATV: größerer Motor für Mondmission

Das zylindrisch geformte ESM hat einen Durchmesser und eine Höhe von ungefähr vier Metern. Charakteristisch ist seine Solaranlage aus vier Segeln (19 Meter Durchmesser, wenn sie ausgefahren sind), typisch für das ATV. Die Solarmodule sind für lange Missionen geeignet. Dank ihnen muss sich die Besatzung während einer Reise durchs All keine Gedanken mehr um Nachschub für die Brennstoffzellensysteme machen. Mit 8,6 Tonnen Treibstoff versorgt das ESM ein Haupttriebwerk und 32 kleinere Triebwerke. Die kleinen Triebwerke sind notwendig, um Orbit-Manöver durchzuführen und die Höhe zu regeln.

Einmal mehr kann die ESA auf ihre Erfahrungen mit den ATV zurückgreifen, deren Triebwerke erfolgreich dafür eingesetzt wurden, dass die ISS Weltraummüll ausweichen konnte. “Die Erfordernisse für eine Mission zum Mond sind ganz andere als diejenigen für eine Fahrt zur ISS in der unteren Erdumlaufbahn. Deswegen mussten wir die Konstruktion der ATV ändern und beispielsweise ein großes, leistungsfähiges Haupttriebwerk einbauen, mit dem man bis zum Mond und wieder zurück fliegen kann. Vorerst verwenden wir den aufgearbeiteten Motor für Orbitmanöver aus dem Shuttle-Programm”, sagte Nicolas Chamussy.

Mond und mehr zum Ziel

Im Jahr 2019 bzw. 2020 soll mit Orion die unbemannte Exploration Mission-1 durchgeführt werden. Ihr Ziel ist, bis zu 64.000 Kilometer über den Mond hinaus zu fliegen, um die Leistungsfähigkeit des Raumschiffs aufzuzeigen. Die erste bemannte Orion-Raumfahrtmission mit vier Astronauten an Bord, Exploration Mission-2, ist für 2023 geplant. Sie wird der Höhepunkt der gemeinsamen Anstrengungen sein, den NASA-Administrator James M. Beggs vier Jahrzehnte zuvor vorausgesagt hat. Auf dem Bild: Der deutsche ESA-Astronaut Hans Schlegel bei einem Weltraumspaziergang über das europäische Columbus-Forschungsmodul.

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