Kanzler-Airbus A300 nun startklar als ZERO-G Parabelflugzeug

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Er ist 16 Jahre jünger als sein Vorgänger, hat eine bewegte Geschichte und tritt ein beachtliches Erbe an: Der ehemalige “Kanzler-” A310-304 VIP ist das neue, europaweit einzigartige Parabelflugzeug und soll – wie zuvor schon der A300 ZERO-G – ab dem 27. April 2015 für wissenschaftliche Experimente in abheben.

Auch das Deutsche Zentrum für Luft- und (DLR) nutzt das ehemalige deutsche Regierungsflugzeug für Forschung in Null “G”.

Airbus A310 aus DDR-Beständen

Der Airbus A310-304 “10+21” wurde am 24. Juni 1989 vom Flugzeughersteller Airbus an die DDR-Fluggesellschaft “Interflug” übergeben. Von 1989 bis 1991 wurde er von der Fluggesellschaft als Regierungsmaschine eingesetzt. Von 1993 bis 2014 war das Eigentum der bundesdeutschen und als VIP-Maschine für Reisen und Staatsbesuche von Bundeskanzlern und Bundesministern weltweit im Einsatz. Am 27. August 1991 ging das Flugzeug ins Eigentum der Luftwaffe über und war als VIP-Maschine “Konrad Adenauer” von 1993 bis 2011 für Reisen und Staatsbesuche von Bundeskanzlern und Bundesministern im Einsatz.

Stationiert war der A310 “10+21” bei der Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums am Flughafen Köln-Bonn. Genau 25 Jahre nach der Erstzulassung wurde die “Konrad Adenauer” am 24. Juni 2014 an den neuen Eigner Novespace übergeben, der zahlreiche Testflüge durchführte. Vom 03. September 2014 bis zum 18. März 2015 überholte die Technik AG in die Maschine und baute sie zum Parabelflugzeug um.

Sechs Monate Umbau und als Zivilflugzeug unterwegs

Der vom VIP- zum Forschungsflugzeug umgebaute Airbus gehört seit Juni 2014 der französischen Firma Novespace mit Sitz in Bordeaux-Mérignac. Der Flughafen der südwestfranzösischen Metropole ist seit März auch das Zuhause des A310 ZERO-G – zuvor wurde er sechseinhalb Monate lang bei der Lufthansa Technik AG in Hamburg umfangreich umgebaut und als ziviles Flugzeug neu EASA-zugelassen.

Nachdem die Testflüge mit den Testpiloten und teilweise bis zu 50 Parabeln sowie die Trainings mit der speziell ausgebildeten Crew erfolgreich verlaufen sind, soll das neue Parabelflugzeug vom 27. April bis zum 08. Mai 2015 seine erste wissenschaftliche Kampagne absolvieren.

“Das ist eine Gemeinschaftskampagne des DLR, der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der französischen Raumfahrtagentur CNES”, berichtet Dr. Ulrike Friedrich, die seit 1999 das DLR-Parabelflugprogramm leitet. “Wir haben insgesamt zwölf Experimente an Bord, von denen acht aus Deutschland kommen – vier davon wurden von der ESA ausgewählt. In der ersten Woche bauen die Wissenschaftler ihre Experimente im Flugzeug auf und bereiten alles für den Einsatz vor, in der zweiten Woche – am 05., 06. und 07. Mai – sind drei Flugtage mit jeweils 31 Parabeln vorgesehen”, ergänzt die Programm-Managerin.

Wartungsaufwand zu hoch – Regierungs-Jet für 2,5 Mio. Euro

Das DLR arbeitet seit 1999 mit Novespace im Parabelflug-Programm zusammen: 15 Jahre lang nutzten deutsche Wissenschaftler und Ingenieure den Vorgänger-Airbus A300 ZERO-G, Baujahr 1973, für Experimente in Schwerelosigkeit. Doch nach 5.200 Flügen, 4.200 Flugstunden und 13.180 Parabeln hat sich das Spezialflugzeug am 31. Oktober 2014 von der Wissenschaft in den “Ruhestand” verabschiedet. Das DLR hatte 25 Forschungskampagnen mit mehr als 400 Experimenten mit dem A300 ZERO-G organisiert – um biologische, medizinische, physikalische und materialwissenschaftliche Fragen zu beantworten. Auch technologische Tests standen auf dem Programm: Experimentiereinrichtungen wurden für ihren Einsatz im Weltraum – zum Beispiel auf der Internationalen Raumstation ISS – erprobt.

“Je älter sind, umso größer ist der Wartungsaufwand”, sagt DLR-Managerin Ulrike Friedrich. Irgendwann rechnet sich das nicht mehr. Das DLR habe deshalb gerne die Suche nach einem passenden “Nachfolger” unterstützt: “Die Herausforderung war, ein bezahlbares und dennoch durch Starts und Landungen relativ wenig beanspruchtes Flugzeug zu finden. Denn beim Starten und Landen ist die Flugzeugstruktur den stärksten Belastungen ausgesetzt.” Der A310-304 VIP “Konrad Adenauer” der deutschen Bundesregierung, knapp 26 Jahre alt, hat diese Voraussetzungen bestmöglich erfüllt und wurde von Novespace für rund 2,5 Millionen Euro erworben.

Zahlreiche Modifikationen zum Forschungslabor

Bis zum Erstflug im neuen Gewand hat die Lufthansa Technik AG in Hamburg rund 1.350 Modifikationen erledigt. Besonders auffällig ist dabei die rund 100 Quadratmeter große, rundherum mit 270 weißen Kunstledermatten ausgekleidete, fensterlose Experimentierzone in der Mitte des Flugzeugs. Von schwarzen Netzen begrenzt – damit nichts und niemand während der rund 22 Sekunden andauernden Schwerelosigkeitsphasen hinausschwebt, Bodenleisten für die Experiment-Racks und ein ausgeklügeltes Lichtsystem mit der Kraft von sechs bis acht Neonröhren (800 Lux) sollen für optimale Rahmenbedingungen für die Wissenschaft in Schwerelosigkeit sorgen. Hinter dem Netz befinden sich die Sitze, auf denen die Forscher und die Crew in den Start- und Landephasen Platz nehmen.

Drei Piloten steuern das Parabelflugzeug

Die Schaltzentrale ist wie in jedem Flugzeug im Cockpit – auch hier mit Sonderausstattung: einem Beschleunigungsmesser – dem so genannten “G”-Instrument – und einem System, um die Parabeln besonders genau zu . Ulrike Friedrich: “An jedem Flugtag sind vier Piloten an Bord. Drei sitzen im Cockpit, einer hat solange ‘dienstfrei’, bis gewechselt wird. Der Einsatzplan wird täglich flexibel festgelegt – mal ist ein Tausch nach der fünfgen, mal nach der zehnten Parabel.”

Während einer Parabel steuert der erste die Bewegungen in der Längsachse, der zweite die Querachse des Flugzeugs und der dritte den Schub der Turbinen, also die Vorwärtsbewegung der Maschine. Das letzte Bild zeigt die Mannschaft des Trainingsfluges am 23. April 2015 nach der sicheren Landung. Die Testflüge dienen dazu, dass auch neue Piloten gute Parabelmanöver einüben und die Kabinencrew den neuen Airbus A310 ZERO-G kennenlernt und das Verhalten in Schwerelosigkeit trainiert. In der Mitte DLR-Parabelflugmanagerin Dr. Ulrike Friedrich.

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