TB 10 stürzte ins Gebüsch am Flugplatz Konstanz EDTZ

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Der Luftfahrzeugführer startete um 08:55 Uhr auf der Graspiste 30 des Verkehrslandeplatzes Konstanz (EDTZ) zu einem privaten Reiseflug nach Sichtflugregeln (VFR). Der Pilot gab an, dass er sich an viele Unebenheiten auf der Piste erinnere und dass er im Bereich der Halbbahnmarkierung in der Luft gewesen sei.

Identifikation

  • Art des Ereignisses: Unfall
  • Datum: 27. Mai 2012
  • Ort: Konstanz
  • Luftfahrzeug: Flugzeug
  • Hersteller / Muster: Socata Groupe Aerospatiale / TB 10
  • Personenschaden: zwei Personen schwer verletzt
  • Sachschaden: Luftfahrzeug zerstört
  • Drittschaden: Flurschaden

Sachverhalt

Ereignisse und weiterer Flugverlauf

An Bord befand sich neben dem Piloten ein Fluggast. Zwei Flugleiter beobachteten, wie in der Anrollphase das Bugrad des Flugzeuges bei noch relativ geringer Geschwindigkeit angehoben wurde. Im Bereich der Halbbahnmarkierung habe das Flugzeug kurzzeitig abgehoben und wieder aufgesetzt, wobei sich beide nicht sicher waren, ob das Abheben nicht auch durch eine Unebenheit der Piste unterstützt worden sein könnte. Danach sei es noch ca. 200 Meter gerollt, wobei das Bugrad auch weiterhin angehoben gewesen sei. Das Titelbild zeigt eine Übersicht über den Startverlauf und die Unfallstelle (Quelle: Google Earth KartenserviceTM, Bearbeitung BFU).

Querab der Flugleitung habe das Flugzeug abgehoben, aber zunächst keine Höhe gewonnen. Erst nach Überflug des Pistenendes beobachteten die Zeugen eine geringe Höhenzunahme. Eine zur Startrichtung quer verlaufende Buschreihe, die einen Abstand zum Pistenende von ca. 150 Metern hat und ca. drei bis sechs Meter hoch ist, sei in sehr geringer Höhe überflogen worden. Unmittelbar vor Erreichen des Waldes – Abstand zum Pistenende ca. 340 Meter, Baumhöhen bis zu 14 Meter – sei das Flugzeug “plötzlich hochgerissen worden”. Das Flugzeug kollidierte mit Bäumen, prallte auf den Boden und geriet in Brand. Die beiden Insassen wurden schwer verletzt.

Angaben zu Personen

Der 48-jährige Luftfahrzeugführer besaß seit 2008 eine Lizenz für Privatpiloten (PPL(A)), erteilt nach den Regelungen JAR-FCL deutsch. Er war berechtigt, einmotorige Landflugzeuge mit Kolbentriebwerk verantwortlich zu führen (SEP (land) PIC), gültig bis 18. September 2012. Er war außerdem seit Mai 2006 im Besitz eines Luftfahrerscheins für Luftsportgeräteführer (SPL). Sein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 war ohne Auflagen bis 07. Mai 2013 gültig.

Laut Flugbuch betrug die Gesamtflugerfahrung auf einmotorigen Landflugzeugen mit Kolbentriebwerk ca. 211 Stunden. Auf dem Muster hatte er eine Erfahrung von ca. 32 Stunden bei 29 Starts und Landungen. In den letzten 90 Tagen hatte er ca. neun Stunden bei fünf Starts und Landungen absolviert.

Angaben zum Luftfahrzeug

Laut Flughandbuch handelt es sich bei dem Flugzeugmuster TB 10 um einen einmotorigen viersitzigen Tiefdecker in Ganzmetallbauweise. Es ist mit einem starren Dreibeinfahrwerk in Bugradauslegung ausgestattet. Der Rumpf ist eine Metallstruktur aus Aluminiumlegierung in Halbschalenbauweise, wobei die obere Schale aus Verbundwerkstoffen besteht. In den Tragflügeln befindet sich jeweils ein Integraltank. Das Flugzeug besitzt einen luftgekühlten Vierzylinderboxermotor mit direktem Antrieb und einen Zweiblatt-Ganzmetallpropeller mit konstanter Drehzahl, der über einen Regler gesteuert wird. Es war in Deutschland zum Verkehr zugelassen und wurde von einer Privatperson betrieben.

Daten zum Flugzeugmodell

  • Hersteller: Socata Groupe Aerospatiale Tarbes Cedex
  • Muster: TB 10
  • Werknummer: 148
  • Baujahr: 1980
  • Triebwerksmuster: Lycoming O-360-A1AD
  • Propellermuster: HC-C2YK-1BF/F7666A-2
  • Leermasse: 744 kg
  • höchstzulässige Startmasse: 1.150 kg
  • Gesamtbetriebszeit: 3.362 Stunden

Laut den technischen Unterlagen des Flugzeuges wurde die Lufttüchtigkeitsprüfung am 03. Juni 2011 bei einer Betriebszeit von 3.280 Stunden bescheinigt. Die letzte Wartungskontrolle (50-Stunden-Kontrolle) wurde am 19. September 2011 bei einer Betriebszeit von 3.330 Stunden durchgeführt. Unter Zugrundelegung der geschätzten Massen der Insassen von ca. 150 kg, des Gepäcks von ca. 20 kg und der an Bord befindlichen Kraftstoffmenge von ca. 91 kg lag die Startmasse bei ca. 1.005 kg.

Meteorologische Informationen

Zur Unfallzeit herrschten Sichtflugwetterbedingungen (VMC). Nach Angaben der Flugleitung betrug die Sicht mehr als zehn Kilometer und es herrschte zum Zeitpunkt des Starts Windstille. Die Lufttemperatur wurde mit 18 °C, der Taupunkt mit 11 °C und der Luftdruck mit 1.019 hPa angegeben.

Funkverkehr

Es bestand Funkkontakt mit der zuständigen Luftaufsichtsstelle.

Angaben zum Flugplatz

Laut Luftfahrthandbuch (VFR) liegt der Verkehrslandeplatz Konstanz (EDTZ) 1,6 nautische Meilen (NM) nordwestlich des Stadtzentrums von Konstanz. Die Höhe beträgt 1.302 ft AMSL. Er verfügt über eine Graspiste mit 760 Meter Länge und 50 Meter Breite in der Ausrichtung 119°/299° (12/30). Für die Startrichtung 30 beträgt die verfügbare Startstrecke (TORA) 760 Meter. Auf der Flugplatzkarte wurde darauf hingewiesen, dass die Piste uneben und zeitweise nur auf einer Breite von 25 Meter benutzbar ist.

Bei der Begutachtung des Pistenzustandes wurde festgestellt, dass die Piste 30 am Pistenanfang über eine Länge von 80 Metern und eine Breite von acht Metern mit Platten unterlegt ist.

Flugdatenaufzeichnung

Das Flugzeug war nicht mit einem Flight Data Recorder (FDR) oder Cockpit Voice Recorder (CVR) ausgerüstet. Diese Aufzeichnungsgeräte waren nicht vorgeschrieben.

An Bord befand sich ein mobiles Navigationsgerät THINKNAVI T 7. Die Daten konnten extrahiert werden, enthielten aber keine Angaben zum Startverlauf.

Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug

Die Unfallstelle befand sich ca. 340 Meter vom Ende der Piste 30 entfernt in einem Waldstück. Berührungsspuren zeigten, dass das Flugzeug in einer Höhe von 12 bis 14 Metern mit einer Baumkrone kollidierte. Nach weiteren 29 Metern erfolgte die zweite Baumkollision in einer Höhe von ca. acht Metern. Nach weiteren ca. 30 bis 35 Metern prallte das Flugzeug in dichtes Buschwerk.

Die linke Tragfläche war aufgerissen und der Tank beschädigt. Der Motor war vom Motorträger abgerissen und steckte im Wurzelbereich einer ca. sechs bis acht Meter hohen Buschgruppe. Das abgerissene Leitwerk lag auf dem Buschwerk. Der Rumpf und die inneren Tragflächenbereiche waren verbrannt. Abb. 2 zeigt die Unfallstelle (Foto: Polizei, Bearbeitung BFU). Abb. 3 zeigt das Flugzeugwrack an der Absturzstelle (Foto: BFU).

Brand

Nach dem Aufprall entstand ein Brand, der durch die Feuerwehr gelöscht wurde.

Zusätzliche Informationen

Laut Flughandbuch ergaben sich unter den gegebenen Bedingungen eine Startrollstrecke von ca. 550 Metern und eine Startstrecke von 800 Metern für eine Hindernishöhe von 15 Meter.

Abschluss der Untersuchung

Der Untersuchungsbericht wurde gemäß § 18 FlUUG summarisch abgeschlossen, d.h. ausschließlich mit Darstellung der Fakten.

Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, in Ortszeit. Quelle und Bilder, sofern nicht anders angegeben: BFU.

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