Astronaut Luca Parmitano bereit für „Volare“-Mission

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Am 28. Mai 2013 beginnt für den europäischen Astronauten Luca Parmitano seine Mission "Volare" mit dem Start vom russischen Weltraumbahnhof in Baikonur. Für sechs Monate ist die Internationale Raumstation ISS dann sein Arbeitsplatz und sein Zuhause. Die mehr als 30 deutschen Experimente, die er in dieser Zeit betreut, werden dabei entweder vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durchgeführt oder über das DLR-Raumfahrtmanagement gefördert und betreut. Im Interview berichtet Luca Parmitano von den Herausforderungen, die er in seinem Beruf sucht – und genießt.

Wenn man in Urlaub fährt, denkt man darüber nach, was man noch packen muss und was noch vor der Abreise zu erledigen ist. Sie werden für mehr als 100 Tage im bleiben. Was sind Ihre letzten Vorbereitungen, und wie fühlen Sie sich vor Ihrer Reise in den ?

Mein ins habe ich bisher noch nicht als Urlaub gesehen – für mich war es immer eine "Mission". So gesehen ist auch nicht viel vorzubereiten, ich bringe nicht viel auf die Raumstation mit. Es gab immer Leute, die mich gefragt und alles vorbereitet haben, was ich in der Station benötige. Das heißt, wenn ich dort ankomme, dann wird es schon Kleidung für mich geben, Essen, Laufschuhe, Schuhe für das Fahrradfahren.

Alles ist bereits dort hingeschickt worden oder kommt an, während ich in der Raumstation bin. Die einzigen Sachen, die ich für meinen noch einpacken muss, sind kleine Dinge wie Souvenirs, also meinen Ehering, Bilder von meiner Familie oder auch Dinge, die ich mit ins nehme, um damit später meine Freunde und Familie zu beschenken. Viel ist es also nicht, weil wir auch nur 1,5 Kilo persönliche Dinge im Sojus-Raumschiff mitnehmen dürfen.

Sie sind der Bordingenieur auf dieser Mission – was wird Ihre Hauptaufgaben an Bord der ISS sein?

Als Bordingenieur hat man viele verschiedene Aufgaben. Während des Starts ist der Bordingenieur der Co-Pilot des Sojus-Raumschiffs: Bei Start und Wiedereintritt unterstütze ich also den Commander. Er sitzt auf dem Mittelsitz, ich sitze links von ihm und bin verantwortlich für alle Systeme des Raumfahrzeugs. Der Commander übernimmt die Navigation, die Orientierung und die Sicherheit des Raumfahrzeugs. Ich bin derjenige, der die Motoren, die Navigationssysteme, die Computer und die lebenserhaltenden Systeme überwacht – die sind alle in meiner Verantwortung.

Sobald wir in der Raumstation sind, ist der Flugingenieur wieder für eine Menge verschiedener Dinge zuständig. Wir sind zum Beispiel für die Wartung zuständig. Alles, was in der Station ersetzt werden muss, wird von uns erledigt. Wir sind auch verantwortlich für die Interaktion mit allen Experimenten, die auf der ISS sind. Zu jeder Zeit haben wir über 150 Experimente auf der Raumstation. Und über 100 von diesen müssen von der Crew betreut werden. Das nimmt – ich würde sagen – etwa 50 Prozent unserer Zeit ein, vor allem, wenn wir selbst zur gleichen Zeit auch der Untersuchungsgegenstand sind.

Außerdem werde ich das Andocken des europäischen Transporters ATV-4 überwachen. Und ich werde auch für alle robotischen Anwendungen bei der Ankunft der anderen Raumtransporter zuständig sein. Schließlich sind noch zwei Weltraumspaziergänge – Extravehicular Activities – für mich geplant. Die werde ich zusammen mit meinem Kollegen Chris Cassidy durchführen.

Während Ihres Aufenthalts in der Raumstation ist es also ziemlich betriebsam: Der japanische Transporter HTV kommt an, das russische Progress-Raumschiff, das europäische ATV-4. Für Sie sind zwei EVAs geplant. Das sind alles Aufgaben, die eine schnelle und fehlerlose Arbeit von Ihnen verlangen. Zusätzlich zu Ihrem normalen Training: Wie bereiten Sie sich auf diese Aufgaben vor? Sind Sie eher ein entspannter Mensch von Natur aus oder werden Sie auch ein wenig nervös sein?

Vielleicht bin ich gar nicht die beste Person, um diese Frage zu beantworten – wahrscheinlich sollten Sie da eher meine Ausbilder fragen! Aber ja, ich würde sagen, dass ich ein entspannter Mensch bin. Ich bin zuversichtlich, dass die , die ich erhalten habe, alles vermittelt hat, was ich für eine gute Leistung brauche. Aber mein gesamter beruflicher Hintergrund ist sehr operationell: Als Pilot in den letzten 20 Jahren habe ich immer unter Hochdruck arbeiten müssen – man muss eine Aufgabe erledigen, und es muss gleich beim ersten Mal funktionieren. Das bedeutet aber jetzt auch nicht, dass ich nicht trotzdem ein wenig nervös sein werde. Ich glaube, ein gewisses Maß an Stress ist notwendig, um gut zu arbeiten – Stress erhöht die Konzentration, man ist sehr aufmerksam. Natürlich werde ich mich damit beschäftigen, mich mental vorbereiten, indem ich die Prozeduren noch einmal genau studiere. An Bord der Raumstation werde ich weiter trainieren und sicherlich auch mit den Kollegen sprechen, die einfach mehr Erfahrung als ich haben.

Sie werden auch Experimente an Bord betreuen – die reichen von der kosmischen Strahlung bis zur Ernährungsstudie, von Materialwissenschaften bis hin zu einem , mit dem der Abbau von Muskeln in der Schwerelosigkeit untersucht wird. Wie viel wissen Sie über den wissenschaftlichen Hintergrund all dieser Experimente, und welche Experimente sind für Sie persönlich am spannendsten?

Wir bekommen so viele Hintergrundinformationen, wie wir wollen. Ganz wichtig ist, dass wir Kontakt mit den Projektleitern dieser Experimente haben. Wir telefonieren oder mailen, wir treffen die Wissenschaftler und können Fragen stellen. Das ist sehr interessant – vor allem für mich, weil ich nicht so einen wissenschaftlichen Hintergrund habe. Ich habe mich für alle physiologischen Experimente gemeldet. Was wir heute über die Physiologie im Weltraum lernen, also über das, was mit unserem Körper in Schwerelosigkeit geschieht, ist absolut unverzichtbares Wissen für Missionen in der Zukunft. Wir müssen wissen, was mit uns geschieht, wenn wir die niedrige Erdumlaufbahn einmal verlassen wollen.

Also ich freue mich persönlich vor allem auf die Versuche, die irgendwie mit dieser Art von Forschung, mit der Weltraum-Physiologie, zusammenhängen. Es gibt zum Beispiel eine Diät als Experiment. Die Idee hinter dieser Diät ist, dass wir den Verlust von Kalzium aus unseren Knochen, der während der Zeit in der Schwerelosigkeit geschieht, ausgleichen können – und das ist auch auf der Erde wichtig, wo Menschen unter Osteoporose leiden. Auch der Sport, den wir auf der Raumstation treiben, ist ein wichtiger Teil der Experimente. Wir schauen, wie unsere Muskeln reagieren, während wir im Orbit sind.

Allerdings gibt es auch Experimente, die mehr technologisch ausgerichtet sind. Zum Beispiel "Green Air", ein Forschungsprojekt zu Biokraftstoffen. Die Studie wird sich darauf konzentrieren, wie die giftigen Überreste der Verbrennung reduziert werden können. Es ist ein italienisches Experiment, und ich bin sehr stolz darauf.

Um sich auf die Mission vorzubereiten, mussten Sie eine ganze Menge lernen: Sie mussten für die Durchführung der unterschiedlichen Experimente ausgebildet werden, für das Greifen nach dem japanischen HTV und für das Monitoring, wenn das ATV-4 ankommt. Es gab Überlebenstrainings, und Sie mussten Russisch lernen. Was hat Ihnen davon am besten gefallen, und welchen Teil der fanden Sie eher schwierig?

Als Astronaut sind es gerade die Herausforderungen, die man sucht. Wenn alles, was ich lernen musste, mir in den Schoß gefallen wäre, wäre es fast langweilig gewesen. Ehrlich gesagt: Alles, was wir lernen, kann sehr hart sein – umso härter es ist, desto zufriedener ist man, wenn man die Aufgabe gemeistert hat. Ich muss zugeben, dass ein großer Teil der Ausbildung wirklich Spaß gemacht hat. Spaß, weil man sich anstrengen musste. Das Sojus-Raumfahrzeug in einem manuellen Modus zu ist zum Beispiel sehr anspruchsvoll. Wir müssen auch zeigen, dass wir das Raumschiff sicher an der Raumstation andocken können und dass wir auch wieder auf der Erde landen können.

Ein Weltraumspaziergang unter Wasser – in einem unter Druck stehenden Raumanzug – ist körperlich enorm anstrengend, da braucht man volle Konzentration. Das sind alles schwierige Trainingsaufgaben, aber es ist auch der Teil der Ausbildung, der mir am meisten Spaß gemacht hat. Für das robotische Training zum Beispiel braucht man eine Menge Geschick. Es ist ein bisschen wie Gymnastik fürs Hirn, weil wir über Kameras auf einen Roboterarm blicken und uns aus verschiedenen Aufnahmen dann in unserem Kopf ein dreidimensionales Bild basteln müssen. Ich habe alles, was ich in den letzten 4,5 Jahren getan habe, furchtbar genossen. Seitdem ich Astronaut geworden bin, habe ich nicht aufgehört, Neues zu lernen.

Sie haben bereits das Columbus-Kontrollzentrum im DLR in Oberpfaffenhofen besucht und die Mannschaft getroffen, die mit Ihnen während Ihrer Mission in Kontakt sein wird. Das DLR-Nutzerzentrum für Weltraumexperimente in Köln wird ebenso ein Teil der Mission sein wie sechs weitere Zentren in Europa und natürlich der NASA-Kontrollraum. Sie werden also mit einem ganzen Netzwerk von Menschen weltweit zusammenarbeiten – und sind auf eine gewisse Weise auch von Ihnen abhängig. Wie viel Vertrauen ist notwendig, und wie bauen Sie diese Beziehung auf?

Sie haben völlig Recht: Wir hängen von diesen Menschen ab! Ich wäre nicht in der Lage, meine Arbeit zu tun, wenn es nicht die Unterstützung all dieser Menschen gäbe. Sie sind fast unsichtbar hinter den Kulissen, aber sie sind sehr wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als die Astronauten, die all die Sichtbarkeit bekommen.

Wie baue ich eine Beziehung zu ihnen auf? Ganz einfach: Während meiner Ausbildung treffen wir einander und reden miteinander. Wir lernen, einander zu vertrauen und auch auf die Erfahrung zu vertrauen, die jeder mitbringt. Ich weiß, dass sie alle sehr verantwortungsbewusst sind, ich weiß, dass sie all ihre Anstrengungen in ihre Aufgaben stecken. Und das reicht mir, um zu wissen, dass es jemanden gibt, der sich um mich und meine Sicherheit kümmert.

Sie sind der erste Astronaut der Europäischen Astronauten-Klasse von 2009, der im Weltall arbeiten wird. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst und die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti werden im Jahr 2014 folgen. Werden Sie die beiden nach Ihrer Rückkehr bei ihrer Ausbildung unterstützen?

Nach meiner Rückkehr ist erst einmal ein halbes Jahr für meine Rehabilitation von meinem Sechs-Monats-Flug geplant. Es wird also ein wenig zu spät sein, um Alexander noch zu helfen. Wenn ich wieder im Einsatz bin, wird Alexander sich bereits in Russland für seinen eigenen Flug vorbereiten. Samantha aber werde ich sicherlich noch bei ihrem Training mit meiner Erfahrung helfen können.

Einige ehemalige Kollegen von Ihnen – zum Beispiel der kanadische Astronaut Chris Hadfield oder der japanische Astronaut Soichi Noguchi – haben eine Menge Fotos und Videos von ihrem Aufenthalt im Weltraum zur Erde geschickt. Wie werden Sie in Kontakt mit der Erde bleiben, und was werden Ihre Hobbys in der Raumstation sein?

Chris Hadfield ist ein erfahrener Astronaut, er hat bereits drei Flüge auf dem Buckel und ist eine unglaublich talentierte Person – sowohl in der Kommunikation als auch beim Gesang. Ich werde gar nicht erst versuchen, mit jemanden mit diesem Niveau gleichzuziehen. So zu kommunizieren gehört nicht zu meinen Talenten. Aber ich mag Musik, und auf der ISS haben wir eine Gitarre und ein Keyboard – ich überlege, ein wenig darauf zu spielen. Das aber dann vor allem zu meinem eigenen Vergnügen.

Sie stehen kurz vor dem Start: Auf welchen Moment während Ihrer Mission freuen Sie sich besonders?

Ich bin ein "rookie", das heißt ein absoluter Anfänger, alles wird neu für mich sein, alles eine Überraschung. Der Start. Im All zu leben. Die Raumstation zu betreten. Die Erde zu sehen. Beim Weltraumspaziergang außerhalb der Raumstation zu schweben. Ich habe mein ganzes Leben von so etwas geträumt.

Ich bin sicher: Ich werde mit einer Erinnerung an etwas zurückkehren, die mich für das Leben verändert. Ich freue mich darauf, diese Erfahrung zu genießen, dort oben zu sein und mir einen Traum zu erfüllen, den ich schon so eine lange Zeit habe.

Das Interview führte Manuela Braun.

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