Spracherkennung unterstützt Fluglotsen bei schnellen Entscheidungen

Geschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Fluglotsen stehen einem immer komplexer werdenden Geflecht aus startenden und landenden Maschinen an den Flughäfen gegenüber. Insbesondere im Anflugbereich auf größere Airports sind Lotsenassistenzsysteme mittlerweile unverzichtbar. Sie zeigen dem Lotsen auf, in welcher Reihenfolge die landenden Maschinen effizient aufgereiht und verteilt werden können.

Weicht der Lotse aber vom Plan des Systems ab, erkennt das System dies erst eine halbe Minute später über die eingehenden Radardaten. In diesem Zeitraum kann es den Lotsen nicht optimal unterstützen. Eine Lösung liegt in der Nutzung des Sprechfunks zwischen Fluglotse und Cockpit.

Spracherkennung hört Kommunikation zum Cockpit mit

Zusammen mit der Deutschen Flugsicherung und der Universität des Saarlandes (UdS) untersucht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am 30. und 31. Oktober 2013, wie ein Assistenzsystem durch Auswertung der Sprachkommunikation schneller auf die Absichten eines Lotsen reagieren kann.

"In den kommenden Tagen und in noch folgenden Versuchen wollen wir herausfinden, wie zuverlässig unser System bereits die sprachlichen Anweisungen erkennt", sagt der Leiter des Projekts AcListant® (Active Listening Assistant) Prof. Dr. Hartmut Helmke vom DLR-Institut für Flugführung. "Wir sind zuversichtlich, dass wir durch die zusätzliche Datenquelle aus dem Spracherkenner Lotsenassistenzsysteme deutlich verbessern können."

Im Projekt AcListant® arbeiten die DLR-Forscher mit dem Lehrstuhl für Sprach- und Signalverarbeitung (LSV) der Universität des Saarlandes (UdS) zusammen. Während das DLR für die Entwicklung des Assistenzsystems und die Validierung zuständig ist, steuert die UdS den Spracherkenner bei. Zudem wird das Projekt durch die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH unterstützt.

Für die aktuellen Versuche sind Lotsen des Flughafens Düsseldorf in dem Braunschweiger DLR-Institut für Flugführung zu Gast. An typischen Flugsituationen für den Düsseldorfer Luftraum stellen die Forscher mit Hilfe der Lotsen die neue Kombination aus Spracherkenner und Assistenzsystem auf die Probe.

Assistenzsystem zeigt mögliche Komandos

Manchmal ist es notwendig, dass ein Fluglotse Anweisungen erteilt, die von den Vorschlägen des Lotsenassistenzsystems abweichen. Nach einer solchen Anweisung benötigen heutige Assistenzsysteme ohne Spracherkenner etwa 30 Sekunden, bis sie die Absicht des Lotsen sicher registriert haben. In dieser Zeit bieten sie keine verlässliche Unterstützung. Um diese Situation zu verbessern, ist eine Spracherkennung mit hoher Zuverlässigkeit notwendig.

"Wir wollen diese Zuverlässigkeit erreichen, indem wir unser Lotsenassistenzsystem nicht einfach nur um einen Spracherkenner ergänzen. Zusätzlich soll der Spracherkenner vom Assistenzsystem verbessert werden: Das Assistenzsystem weiß zwar nicht genau, wie der Lotse als nächstes reagieren wird, aber es kann dem Spracherkenner die in der aktuellen Verkehrssituation möglichen Anweisungen liefern. Das Besondere von AcListant® ist somit, dass sich Assistenzsystem und Spracherkenner gegenseitig verbessern", erklärt Prof. Helmke.

Beispielsweise erwartet der Computer für ein landendes Flugzeug vor allem Manöver, bei denen die Maschine absinkt und langsamer wird. So muss der Spracherkenner nur noch aus einer vergleichsweise kleinen Anzahl von aktuell möglichen Wörtern das gerade Gesprochene erkennen. Auf Grundlage der schneller erfassten Verkehrssituation können dem Lotsen schneller weitere empfohlene Manöver über den Arrival Manager angezeigt werden. Arrival Manager sind Assistenzsysteme, die Fluglotsen in komplexen Verkehrssituationen etwa mit Vorschlägen für die Lande-Reihenfolge unterstützen.

Fluglotsen testen im Echtzeitsimulator

Die Wissenschaftler testen das neue System im Air Traffic Management and Operations Simulator (ATMOS) des DLR-Instituts für Flugführung in Braunschweig. Die Experimentaleinrichtung ist Teil des Validierungszentrums Luftverkehr und ermöglicht es, beliebige Luftverkehrssituationen in Echtzeit auf den Bildschirm zu bringen. So können neue Anflug- und Landeverfahren hinsichtlich Flugsicherheit, Schadstoffreduzierung und Verkehrskapazität getestet werden.

Die DFS stellt den Forschern Fluglotsen und Wissen aus der operationellen Praxis zur Verfügung. Bis Anfang 2015 sind umfangreiche Validierungen der neuen Software mit verschiedenen Fluglotsen beim DLR geplant. Über die Luftfahrt hinaus ist das Konzept des "aktiven Zuhörens" für Anwendungen interessant, bei denen Menschen miteinander per Sprache präzise Informationen austauschen müssen.

- Anzeige -