Schiff-Ortung aus dem All: AISat lauscht bald mit Helix-Antenne

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Zunächst wird Satellit AISat noch kräftig taumeln, nachdem ihn am 30. Juni 2014 eine Rakete vom indischen Startplatz Sriharikota 80 Kilometer nördlich von Chennai ins All transportiert hat. Doch sobald sich der Satellit des Deutschen Zentrums für – und (DLR) stabilisiert hat, kommt sein Hauptakteur zum Einsatz.

Das ist die Helix-Antenne, die sich wie eine vier Meter lange Spirale in Richtung ausrichten und den AIS-Signalen (Automatic Identification System) der Schiffe lauschen wird.

Ein ähnliches Prinzip zeigte das DLR bereits mit dem Empfang von ADB-S Funksignalen aus dem All. Damit kann analog eine Empfangslücke bei der Positionierung über Satellit geschlossen werden. , die außerhalb einer terrestrischen Empfangsstation für ADB-S-Signale unterwegs sind, sind quasi unsichtbar und können im Unglücksfall verloren gehen. So geschehen etwa beim Flug MH370 der Malaysia Airlines.

Den ersten Kontakt zu ihrem AISat erwarten die DLR-Wissenschaftler in Bremen am 30. Juni 2014 gegen 11:00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Mit dem Versuchssatelliten sollen aus 660 Kilometern Höhe vor allem in Gebieten mit sehr hohem Verkehrsaufkommen wie der Deutschen Bucht Schiffe identifiziert und geortet werden. Bisherige kommerzielle Satelliten stoßen bei dieser großen Anzahl von Schiffen an ihre Grenzen.

Helix-Antenne empfängt Signale fokussiert "wie Taschenlampe"

Gut 1.000 Schiffe haben die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Raumfahrtsysteme bei einem Überflug mit einem Flieger alleine entlang der deutschen Küste von Holland bis Sylt entdeckt. Herkömmliche Satelliten erfassen mit ihren ungerichteten Stab-Antennen immerhin ein Gebiet, das in einem Umkreis von 5.000 bis 6.000 Kilometern liegt. "Die empfangen alles zugleich – das ist ein wenig so, als ob man 100 Radiosender gleichzeitig hören würde", sagt Projektleiter Jörg Behrens. "Die Schiffe reden quasi alle durcheinander."

In wenig befahrenen Gebieten weiter entfernt von den Küstenregionen ist das kein Hindernis. In Gewässern wie der Nordsee, dem Mittelmeer oder der nordamerikanischen Atlantikküste sowie rund um große Häfen wie , oder hingegen können die AIS-Signale mit ihren Angaben über Position, Kennung, Länge und Breite, Ladung, Geschwindigkeit und Richtung nicht mehr einzelnen Schiffen zugeordnet werden. Der DLR-Wissenschaftler und sein Team haben sich deshalb andere Rahmenbedingungen ausgewählt: Die Helix-Antenne ist gezielt in Richtung Erde ausgerichtet und lauscht in einem kleineren Gebiet mit einem Durchmesser von nur 750 Kilometern auf die AIS-Signale der Schiffe. "Also fokussiert wie der Lichtkegel einer Taschenlampe", betont DLR-Wissenschaftler Jörg Behrens.

Um die Leistung des Satelliten AISat zu prüfen, werden die Wissenschaftler die empfangenen Daten mit Daten vergleichen, die fernbetriebene Bodenstationen von den Schiffen empfangen. Derzeit sind sechs terrestrische Empfangsstationen des DLR an der deutschen Nordseeküste aufgebaut, die mit einer Reichweite zwischen 40 und 60 Kilometern den Schiffsverkehr erfassen. Vier weitere Stationen sollen folgen. Zudem sind auf AISat auch kleinere, unsgerichtete Stab-Antennen installiert, die Vergleichsdaten liefern werden.

Mit diesen Kontrolldaten aus dem All und von der Erde wird die Zuverlässigkeit der Helix-Antenne und des Empfängers im dann ermittelt. "Es gibt gerade bei Hochverkehrsregionen viel zu optimieren – und unsere Antenne kann eine gute Möglichkeit dafür sein." Gemeinsam mit dem DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik wurde deshalb die ungewöhnliche Antenne entwickelt und ihre Entfaltung auf Parabelflügen in der getestet. Satellit und Empfänger wurden im DLR-Institut für Raumfahrtsysteme entwickelt, gebaut und getestet.

Datenabruf aus dem All nach Bremen

Zwei bis drei Mal am Tag werden die Wissenschaftler in Bremen Daten aus dem All empfangen, wenn der Satellit Norddeutschland überfliegt. Gesteuert und überwacht wird AISat ebenfalls vom DLR-Standort Bremen aus. Eine weitere Empfangsstation soll im kanadischen Inuvik aufgestellt werden, damit die Möglichkeiten zum Datenempfang ausgeweitet werden. Erweist sich die Helix-Antenne als erfolgreich, wäre sie eine Alternative, um zukünftig auch Verwendung in kommerziellen Satellitensystemen zu finden.

Doch bevor es soweit ist, muss der Satellit zunächst einmal den Belastungen des Starts standhalten. Exakt 1113,7 Sekunden nach dem Start um 06:19 Uhr Mitteleuropäischer Zeit wird AISat auf seiner Bahn ausgesetzt und beginnt dann mit dem Aufladen seiner Batterien. Bei den ersten Überflügen wird zunächst nur der Gesundheitszustand des Satelliten und seines Empfängers überprüft. Erst nach danach wird das Kommando erfolgen, die bislang zusammengezogene Helix-Antenne zu entfalten.

Blickt der Satellit dabei in Richtung Weltall statt in Richtung Erde, sorgen kleine Magnetspulen für den richtigen Dreh. "Wir stützen uns dabei quasi am Magnetfeld der Erde ab", erläutert Projektleiter Behrens. Schließlich folgt die Phase, die für die Wissenschaftler am DLR am spannendsten ist: AISat wird auf die Schiffssignale horchen und zum Boden funken, welche Schiffe er von seinem Platz im All aus hören kann.

Keine Tags zu diesem Beitrag.

Verwandte Artikel

- Anzeige -