Lufthansa mit chemischem Messkoffer für Kabinenluft

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Nachdem Lufthansa bereits an Bord ihrer Airbus A380 Flugzeuge eine umfangreiche Messreihe zur Erforschung der Kabinenluft initiiert hat, erweitert die Fluggesellschaft die Studie nun auf das Kurzstreckenmuster Airbus A321.

Wissenschaftlicher Partner ist weiterhin die Medizinische Hochschule Hannover (MHH). Das jetzt auf der Verbindung Frankfurt – Marrakesch gestartete Testprogramm läuft bis März kommenden Jahres und umfasst Luftmessungen auf insgesamt 44 Flügen innerhalb Europas. "Schon seit einer Reihe von Jahren engagieren wir uns beim Thema Kabinenluftqualität; so nachhaltig und konsequent macht dies weltweit keine zweite Fluggesellschaft. Mit dem von Lufthansa Technik und der Medizinischen Hochschule Hannover gemeinsam entwickelten Messkoffer gehen wir einen völlig neuen Weg", so Kay Kratky, Mitglied des Lufthansa-Passagevorstands und verantwortlich für Operations und das Hub Frankfurt.

Keine Schadstoffbelastung der Luft – vom eigenen Flugzeug

Auf Grundlage der Testreihe im Cockpit des Airbus A380 ließ sich während insgesamt rund 800 Messstunden in der Kabinenluft "keine auffällige chemische Belastung" feststellen. Auch bei Auftreten so genannter Geruchsereignisse war keine Schadstoffbelastung der Luft nachweisbar. Weder nationale noch internationale Grenzwerte für die Luftqualität in Innenräumen und an Arbeitsplätzen seien an Bord überschritten worden. Alle im regulären Flugbetrieb erhobenen relevanten Messwerte bewegten sich zumeist sehr deutlich darunter. Nicht nachzuweisen waren die neurotoxischen orthoTrikresylphosphate (o-TCP).

"Insgesamt ist eine nur geringe Konzentration an Organophosphaten nachzuweisen", fasst Wolfgang Rosenberger vom Institut für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin der MHH zusammen. "Besonders hervorzuheben ist, dass wir gerade bei den TCP, die im Turbinenöl enthalten sind, eine sogenannte kongenerenspezifische Analytik vornehmen. Von den zehn möglichen TCP-Isomeren sehen wir keine der sechs als neurotoxisch geltenden ortho- TCP; und das mit einer Nachweisgrenze von weniger als 1 ng/m3 (1 Nanogramm (ng) = 1 Milliardstel Gramm oder 10-12 Kilogramm).

Auch wenn das jetzt etwas kompliziert klingt, ist es wichtig, dies zu erläutern, da die mediale Berichterstattung diesem insbesondere toxikologisch wichtigen Aspekt bislang wenig oder keine Beachtung schenkte. Da ist oft nur von TCP die Rede und das ist zumindest aus regulatorischer Sicht nicht nur falsch sondern wirkt auch verunsichernd," erläutert Rosenberger. Ungeachtet dessen seien Einzelereignisse durchaus von der sensitiven Messtechnik erfassbar, etwa beim Gebrauch von Desinfektionstüchern oder durch vorausrollende andere Flugzeuge.

"Blackbox" für chemische Substanzen in der Kabinenluft

Der Messkoffer ist während des Fluges jeweils im Cockpit installiert. Die Flugzeugkabine wird überall mit derselben Luft versorgt; daher ist das Messergebnis repräsentativ für die gesamte Luftqualität im Flugzeug. Generell identifiziert und quantifiziert der Messkoffer etwa 200 potenziell in der Kabinenluft vorhandene Substanzen. So erfasst ein Datenlogger ähnlich einer "Blackbox" kontinuierlich Klimadaten zur allgemeinen Beschreibung der Raumluftsituation wie Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit, ein Aerosolspektrometer den Staubanteil. Andere Komponenten des Messkoffers dienen dem Nachweis von Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Ozon und flüchtigen organischen Verbindungen (volatile organic compounds, VOC).

Hinzu kommt die aktive Probennahme und die anschließende Laboranalytik, etwa in Form der Isotopenverdünnungsanalyse, um neben insgesamt mehr als 150 VOC weitere 15 Aldehyde, wie etwa Formaldehyd, Acetaldehyd bis Hexanal sowie 19 Organophosphate wie TCP zu untersuchen. Darüber hinaus diente eine so genannte Screeninganalyse der Identifikation unbekannter Substanzen in der Kabinenluft.

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