Galileo: Vier Satelliten nehmen die Arbeit auf

Geschätzte Lesedauer: 4 Minuten

Die Galileo-Satelliten verrichten ab sofort in rund 23.000 Kilometer Höhe ihren Dienst im All. Sie ermöglichen den Bürgerinnen und Bürgern in Europa und überall auf der Welt eine Vielzahl hilfreicher Navigationsanwendungen.

Die derzeitige Konstellation von Galileo setzt sich aus IOV-Satelliten (In-Orbit-Validation) und FOC-Satelliten (Full Operational Capability) zusammen. Das Bild zeigt drei der vier Galileo-Satelliten, die am 31.01.2019 die Testphase im Weltraum abschließen konnten während der Integrationsphase in einem OHB-Reinraum in Bremen.

Galileo für Europas Navigation

Europa erlangt mit Galileo Unabhängigkeit von anderen globalen Satellitennavigationssystemen wie GPS oder Glonass aus Russland. Vier Navigationssatelliten wurden soeben bereit erklärt für den Eintritt in die Konstellation des Europäischen Satellitennavigationssystems Galileo. Grund ist die erfolgreich abgeschlossene Testphase der Satelliten im Weltraum. Die Galileo FOC-Satelliten waren von der Bremer Satellitenschmiede OHB System AG geliefert und im Juli 2018 vom europäischen Startplatz Kourou, Französisch Guyana, gestartet worden. Sie sollen die Satelliten-Konstellation verstärken und das europäische Satellitennavigationssystem noch leistungsfähiger machen.

“OHB hat eine ausgezeichnete Arbeit geleistet und qualitativ hochwertige Satelliten in Rekordzeit geliefert. Wir danken allen Teams für ihr Engagement und freuen uns auf die Fortsetzung unserer Partnerschaft”, sagt Paul Verhoef, ESA Direktor Navigation. Ab 2020 werden der Galileo-Konstellation Ersatz-Satelliten zur Seite gestellt – ebenfalls “Made by OHB”.

“Natürlich erfüllt mich der heutige Tag mit großem Stolz. Es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn man sich bewusst macht, dass Millionen von Menschen nicht zuletzt dank der OHB-Satelliten genauere Navigationsdaten empfangen, die Rettungsdienste schneller zum Einsatzort kommen und sich Handel und Wirtschaft auf die Zeitstempel des Satellitensystems verlassen können. Der Nutzen der Raumfahrt wird mit den Navigationsdienstleistungen für die meisten Bürgerinnen und Bürger im Alltag direkt spürbar”, sagt Wolfgang Paetsch, der für Navigation, Erdbeobachtung und Wissenschaft zuständige Vorstand bei der OHB System AG. “In drei Ausschreibungsrunden konnte sich die OHB System AG bislang als Hersteller der Satellitenplattformen und als Systemführer durchsetzen und wurde von der Europäischen Weltraumorganisation ESA mit Entwicklung, Bau und Test von insgesamt 34 Galileo Satelliten beauftragt. 22 befinden sich im Weltraum und konnten ihre volle Funktionsfähigkeit im All unter Beweis stellen.”

Galileo-Bau läuft in Serie: 12 neue Satelliten

In der dritten Ausschreibung hat sich die ESA für die Expertise der OHB System AG entschieden und im Jahr 2017 weitere 12 Satelliten geordert – die Ersatz-Crew sozusagen. “Die Serien-Produktion an unseren bewährten Fertigungsinseln haben wir im Dezember 2018 wieder aufgenommen. Wir wollen jetzt alle sechs Wochen die Produktion eines weiteren Satelliten aufnehmen”, erklärt Dr. Kristian Pauly, bei OHB Direktor Navigation.

Die ersten beiden Ersatz-Satelliten für das Satellitensystem Galileo sollen im Herbst 2020 startbereit sein. “Zu diesem Zeitpunkt werden die anderen zehn Satelliten in unterschiedlichen Stadien der Fertigstellung sein. Alle drei Monate werden wir zwei weitere Satelliten fertigstellen”, so Dr. Pauly. Schritt für Schritt zum Gesamtsystem

Europas eigenes globales Navigationssystem Galileo stellt verschiedene Dienste zur Positionsbestimmung, Navigation und Zeitbestimmung bereit. In der Endkonfiguration besteht es aus 24 auf drei Ebenen angeordneten Satelliten plus Reserve-Satelliten sowie einem weltweiten Netz an Bodenstationen. Das Herzstück der Satelliten sind dabei Atomuhren, die ein hochgenaues Zeitsignals auf die Erde senden, welches dann in eine Ortsinformation umgerechnet wird. Da die Galileo-Satelliten zehnmal genauere Atomuhren haben, ist auch die Ortsbestimmung des europäischen Systems viel genauer.

Dienste in Smartphones und für Behörden

Erste Dienste wurden im Dezember 2016 zur Verfügung gestellt. Jeder neu in die Satellitenkonstellation eingegliederte Satellit macht das System stabiler und schneller. Derzeit sind in Europa mehr als 70 Typen von Smartphones auf dem Markt, die Galileo-Signale empfangen können. Bis Oktober 2018 wurden mehr als 500 Millionen Galileo-fähige Geräte verkauft. Neuere Smartphones empfangen neben GPS und Glonass auch den von Galileo angebotenen offenen Navigationsservice für die breite Öffentlichkeit. Der Public Regulated Service von Galileo ist auf institutionelle Anwender wie Behörden, Polizei oder Feuerwehr zugeschnitten. Der Search-and Rescue-Dienst ermöglicht eine genaue und zuverlässige Ortung von Notrufsignalen – ein schnelleres Eintreffen der Rettungsmannschaft am Unglücksort kann über Leben und Tod entscheiden. Die nächste Satellitengeneration entsteht – in den Köpfen

Bei OHB macht man sich schon lange Gedanken darüber, was eine zukunftsfähige nächste Satellitengeneration leisten können muss. Verschiedene Satellitendesigns und Missionskonzepte wurden erdacht und geprüft. Der Europäischen Weltraumorganisation ESA möchte man erneut ein überzeugendes Angebot unterbreiten. “Die Anwender sollten künftig von weiter verbesserten Signalen und Services profitieren können. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt noch gar nicht absehen können, welche weiteren Anwendungen es bis dahin geben wird. Wir machen uns auch Gedanken, wie der Betrieb kostenoptimiert werden könnte – nicht zuletzt, weil die Bürgerinnen und Bürger Europas die Eigentümer des Systems sind. Auch Sicherheitsaspekte haben wir im Fokus”, erklärt Wolfgang Paetsch. “Wir können auf einen großen Erfahrungsschatz aus den bisherigen Beauftragungen bauen. Kombiniert mit unseren Ideen, den erarbeiteten Konzepten und der Absicht, auch weiterhin entscheidend zu Galileo beitragen zu wollen, können wir mit Sicherheit wieder ein attraktives Angebot abgeben”.

- Anzeige -