Hubschrauber wassert nach Start durch Leistungsverlust

Geschätzte Lesedauer: 6 Minuten

Am Unfalltag flog der Pilot in Begleitung eines Passagiers mit einem Hubschrauber AK1-3 vom Verkehrslandeplatz Bitburg (EDRB) zum Außenstart- und Landeplatz für Drehflügler Mülheim/Mosel, nahe dem Hotel & Restaurant “Weisser Bär”. Nach einer Pause von ca. 20 Minuten sollte der Flug zurück nach Bitburg erfolgen.

Identifikation

  • Art des Ereignisses: Unfall
  • Datum: 05. Juli 2015
  • Ort: nahe Mülheim / Mosel
  • Luftfahrzeug: Hubschrauber
  • Hersteller / Muster: DB Aerocopter Ltd. / AK1-3
  • Personenschaden: keiner
  • Sachschaden: Luftfahrzeug schwer beschädigt
  • Drittschaden: keiner

Ereignisse und weiterer Flugverlauf

Der Pilot gab an, dass beim Start der Motor noch vom vorherigen Flug warm gewesen sei. Er habe ihn normal angelassen, alle Instrumente seien im grünen Bereich gewesen. Im Schwebeflug habe er die Leistung überprüft und sei dann um ca. 15:34 Uhr vertikal mit leichter Vorwärtsfahrt parallel zur Mosel gegen den Wind abgehoben. Dann habe er ca. 30 Grad nach rechts in Richtung Mosel eingeschwenkt. In ca. zehn Meter Höhe und ca. 20 Meter vom Ufer entfernt habe der Motor an Leistung verloren. Er habe versucht, durch Betätigung des Drehgases die Leistung zu erhöhen.

Um die Rotordrehzahl zu halten, habe er den Pitch leicht gesenkt und den Heckrotor entlastet. Hierbei drehte sich der Hubschrauber mehrfach gegen den Uhrzeigersinn um die Hochachse und sank dabei. Kurz vor der Wasseroberfläche habe er die Drehung gestoppt und den Pitch gezogen, dabei löste die “Low RPM”-Warnung aus. Der Hubschrauber habe sanft auf dem Wasser aufgesetzt, nach rechts gerollt und sei dann rasch gesunken.

Zwei Zeugen hatten den Start des Hubschraubers beobachtet. Sie beschrieben, dass der Hubschrauber steil gestartet sei, sich dann mehrfach um die Hochachse gedreht habe und dabei bis zur Wasserung gesunken sei. Beide Personen an Bord des Hubschraubers konnten selbstständig und unverletzt den Hubschrauber verlassen und zum Ufer schwimmen.

Angaben zu Personen

Der 57-jährige Pilot war neben anderen fliegerischen Lizenzen im Besitz einer österreichischen Berufspilotenlizenz für Hubschrauber (CPL(H)) mit nationalem Anhang, erteilt gemäß Teil-FCL. In der Lizenz und dem nationalen Anhang waren die zeitlich gültigen Berechtigungen als verantwortlicher Pilot auf den Mustern HU269 und AK1-3 eingetragen. Er verfügte über ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 1 gemäß Teil-MED, gültig bis 01.09.2015. Seine Gesamtflugerfahrung betrug ca. 16.000 Stunden, von denen ca. 520 Stunden mit Hubschraubern und ca. 20 Stunden auf dem Muster AK1-3 geflogen wurden.

Den betroffenen Außenstart- und Landeplatz hatte der Pilot nach seinen Angaben in der Vergangenheit mehrfach angeflogen. Unmittelbar vor dem Start in Bitburg hatte er seine Landung telefonisch beim Außenstart- und Landeplatz-Betreiber angekündigt.

Angaben zum Luftfahrzeug

Das Muster AK1-3 ist ein zweisitziger Hubschrauber des Herstellers DB Aerocopter Ltd. Er verfügt über ein Kufenlandegestell, einen im Uhrzeigersinn angetriebenen Dreiblatt-Hauptrotor und einen Zweiblatt-Heckrotor zum Drehmomentausgleich um die Hochachse. Die maximal zulässige Abflugmasse beträgt 650 kg. Der Hubschrauber ist mit einem wassergekühlten Kolbentriebwerk Subaru EJ-25 mit elektronischer Einspritzung ausgerüstet. Laut Flughandbuch ist der Betrieb des Hubschraubers in Bezug auf Flughöhe und Lufttemperatur eingeschränkt. Der zulässige Bereich liegt auf Meereshöhe im Temperaturbereich von –18 °C bis +35 °C und in 3.000 m Höhe im Temperaturbereich von –25 °C und +16 °C.

Das Muster wurde im Jahr 2006 national in der Ukraine nach Part 21 Aviation Regulations of Ukraine (ARU-21) musterzugelassen. Außerhalb der Ukraine wird das Muster als Bausatz vertrieben und als “Experimental” bzw. als Luftfahrzeug nach Annex II betrieben.

Der betroffene Hubschrauber AK1-3, Baujahr 2014, hatte die Seriennummer 66. Die Flugerprobung erfolgte im Frühjahr 2015. Die Gesamtbetriebszeit des Hubschraubers betrug ca. 20 Stunden. Der Hubschrauber war in Frankreich als “Experimental” zum Verkehr zugelassen.

Das Betriebsleergewicht betrug laut Wägebericht vom 12.02.2015 ca. 423 kg. Der Hubschrauber war beim Start in Bitburg mit 72 Litern Mogas vollgetankt. Bis zum erneuten Start seien ca. 25 Liter verbraucht worden. Der Pilot wog nach eigenen Angaben 71 kg und der Passagier 62 kg.

Meteorologische Informationen

Entsprechend der Routinewettermeldung (METAR) um 15:20 Uhr des ca. zehn nautische Meilen (NM) östlich entfernten Flughafens Frankfurt Hahn (EDFH) wurden dort folgende Flugwetterbedingungen beobachtet:

Der Wind kam aus 220 Grad mit 10 kt. Die Sicht in Bodennähe betrug mehr als zehn km und es lag keine signifikante Bewölkung unterhalb 5.000 ft vor (CAVOK). Die Temperatur wurde mit 32 °C und der Taupunkt mit 17 °C angegeben. Der Luftdruck (QNH) betrug 1.016 hPa.

Entsprechend dem METAR um 15:58 Uhr des ca. 12 NM westlich entfernten Militärflugplatzes Spangdahlem (ETAD) wurden dort folgende Flugwetterbedingungen beobachtet:

Der Wind kam aus 200 Grad mit zehn kt. Die Sicht in Bodennähe betrug mehr als zehn km. Es gab eine geringe Bewölkung (FEW) in 14.000 ft. Die Temperatur wurde mit 33 °C und der Taupunkt mit 17 °C angegeben. Das QNH betrug 1.014 hPa. Nach Angaben des Piloten kam der Wind am Startplatz entlang der Mosel aus westlicher Richtung mit zehn bis 15 kt.

Von Vertretern der zuständigen Landesluftfahrtbehörde wurde vor Ort um 16:45 Uhr eine Lufttemperatur von 39 °C ermittelt. Aufgrund der Lufttemperatur von ca. 33 °C bzw. 39 °C betrug die Dichtehöhe im Bereich des Außenstartplatzes ca. 2.700 ft bzw. 3.300 ft.

Flugdatenaufzeichnung

Der Hubschrauber war nicht mit einem Flight Data Recorder (FDR) oder Cockpit Voice Recorder (CVR) ausgerüstet. Diese Aufzeichnungsgeräte waren entsprechend den gültigen Luftfahrtvorschriften nicht gefordert.

Funkverkehr

Eine Funkverbindung zum Personal des Restaurants bzw. einer sachkundigen Person für die Absicherung des Außenlandeplatzes bestand nicht. Entsprechend der Genehmigung des Außenstart- und Landeplatzes war diese nicht vorgesehen bzw. nicht gefordert.

Angaben zum Außenstart- und Landeplatz

Der Außenstart- und Landeplatz Mülheim / Mosel befindet sich östlich eines Hotel & Restaurantbetriebs am südlichen Moselufer nahe Mülheim. Die Abmessungen der genutzten Wiese betragen ca. 185 Meter mal 26 Meter. Zusätzlich verfügt er über eine kreisrunde als Hubschrauberlandeplatz gekennzeichnete betonierte Fläche und einen Windsack im südwestlichen Bereich, nahe einem Spielplatz. Am nördlichen Rand der Wiese verläuft ein Wander- bzw. Radweg und im Uferbereich der Mosel steht mehrere Meter hoher Bewuchs. Das Bild zeigt eine Übersicht von Statplatz, Restaurant und Unfallstelle. (Bild: BFU / Google earthTM).

Der Außenstart- und Landeplatz war seit 2011 von der zuständigen Landesluftfahrtbehörde, dem Landesbetrieb Mobilität Rheinland Pfalz (LBM), unter Auflagen genehmigt. Die Nutzung war u.a. beschränkt auf Piloten mit CPL(H) oder ATPL(H). Vor erstmaliger Inanspruchnahme hatte eine nachweisliche Bekanntmachung der Erlaubnis (mitsamt Nebenbestimmungen und Anlage) zu erfolgen. An- und Abflugsektoren waren so zu wählen und der Flugbetrieb so durchzuführen, dass auch in Notfällen jederzeit eine sichere/gefahrlose Außenlandung möglich wäre. Ein Flugbetrieb war nur unter Aufsicht einer sachkundigen Person zulässig. Diese hatte die Absicherung des Landeplatzes zu gewährleisten und vorzuhaltende Rettungsmittel im Notfall einzusetzen bzw. Hilfe zu organisieren.

Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug

Die Unfallstelle befand sich nördlich des Startplatzes ca. 20 Meter vom Ufer entfernt in der Mosel. Nach der Bergung wurde der Hubschrauber vor Ort untersucht. Ein Rotorblatt war geknickt und der Heckausleger hatte auf Höhe des Kennzeichens auf der rechten Seite eine Delle. Das Titelbild zeigt die Beschädigungen des Hubschraubers an Rotor sowie Heckausleger.

Am Folgetag wurde der Hubschrauber zu einer Subaru Fachwerkstatt transportiert. Mit Unterstützung eines Kfz-Mechatronikers wurden der Motor, die Kraftstoffversorgung und das Kühlsystem untersucht. Es ergaben sich keine Hinweise auf einen technischen Defekt, Leckagen oder eine Beeinträchtigung der Flug- sowie Triebwerkssteuerung.

Brand

Es gab keine Hinweise auf ein Feuer im Flug oder nach dem Unfall.

Zusätzliche Informationen

Eine Internetrecherche ergab Meldungen über insgesamt zehn Unfälle mit dem Hubschraubermuster AK1-3 zwischen 2007 und 2015. Bei sieben Unfällen wurde von einer Triebwerkstörung bzw. einem Leistungsverlust als Ursache ausgegangen. Als Auslöser für den im vorliegenden Ereignis beschriebenen Leistungsverlust wurden im Rahmen der Untersuchung ein sogenanntes “Overpitching”, d.h. eine zu hohe Leistungsabforderung mit beginnendem Hauptrotordrehzahlverlust oder eine Motorstörung aufgrund Dampfblasenbildung infolge der 20-minütigen Pause diskutiert. Beides konnte im Nachhinein nicht geklärt werden.

Der Untersuchungsbericht wurde summarisch abgeschlossen, d.h. ausschließlich mit Darstellung der Fakten.

Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit. Quelle und Bilder, sofern nicht anders angegeben: BFU

- Anzeige -