SOUTHTRAC: HALO Messflüge zu Ozon und Schwerewellen

HALO erreicht Rio Grande in Südargentinien
HALO erreicht Rio Grande in Südargentinien: Während der Mission SOUTHTRACK ist das Forschungsflugzeug HALO auf dem Flughafen in Rio Grande/Argentinien stationiert. Quelle: DLR/Minikin
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Das wichtigste Ziel der ersten Kampagnenphase in SOUTHTRAC ist die Untersuchung von Schwerewellen an der Südspitze Amerikas und über der Antarktis mit der DLR Gulfstream G550 HALO.

Mit der Mission “SOUTHTRAC” (Transport and Composition of the Southern Hemisphere UTLS) erkundet das deutsche Forschungsflugzeug HALO im September und November 2019 die südliche Atmosphäre und ihre Auswirkungen auf den Klimawandel.

Spurengase wie Ozon und Wasserdampf sind effektive Treibhausgase und spielen eine wichtige Rolle im Klimawandel. Seit Ende der 1980er-Jahre verbietet das Montrealer Protokoll Stoffe wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), welche die Ozonschicht stark ausdünnen. Vor allem über der Antarktis hatte sich ein großes Ozonloch gebildet. Es wird allerdings noch viele Jahrzehnte dauern, bis sich die Ozonschicht wieder erholt hat. Welche Bedeutung dies für den Klimawandel auf der Südhemisphäre hat, wollen die Forscherinnen und Forscher jetzt in der Kampagne “SOUTHTRAC” im Detail untersuchen.

In der zweiten Kampagnenphase im November sollen dann Untersuchungen des Luftmassenaustauschs zwischen Stratosphäre und Troposphäre den wissenschaftlichen Schwerpunkt bilden. Während der Transferflüge zwischen Europa und Südamerika untersuchen die Forscher unter anderem, welchen Einfluss das aktuelle Verbrennen von Biomasse im Amazonas-Regenwald auf das Klima hat.

HALO bei der Ankunft in Rio Grande
HALO bei der Ankunft in Rio Grande: HALO flog in drei Etappen vom heimischen DLR-Standort Oberpfaffenhofen bei München über die Kapverdischen Inseln und Buenos Aires nach Rio Grande. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich und der Universitäten Mainz und Frankfurt koordinieren die umfangreichen Forschungsflüge. Quelle: DLR/Minikin

Schwerewellen stören Polaren Vortex

Die wichtigsten atmosphärischen Voraussetzungen für die Bildung des Ozonlochs über der Antarktis sind tiefe Temperaturen und ein verminderter Austausch von Luftmassen mit mittleren Breiten. Letzteres wird durch einen stabilen Luftwirbel, den antarktischen polaren Vortex, gewährleistet, der allerdings durch starke Wellenaktivität geschwächt werden kann. “Wir untersuchen in dieser Region erstmalig, die Anregung und Ausbreitung von Schwerewellen bis in die mittlere Atmosphäre in 90 Kilometern Höhe, die unter anderem durch die Überströmung der Anden und der antarktischen Halbinsel ausgelöst werden und den polaren Vortex abbremsen”, sagt Prof. Markus Rapp, Direktor des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre. “Dieser Effekt wird von Klima- und Wettermodellen bisher nur sehr unzureichend berücksichtigt”.

“In den Messflügen wollen wir außerdem die chemischen und dynamischen Prozesse untersuchen die Spurengase wie Ozon und Wasserdampf in der Tropopausenregion beeinflussen”, sagt Dr. Björn-Martin Sinnhuber vom Institut Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung des KIT. “Zudem betrachten wir, welche Rolle die Verbrennung von Biomasse, wie beispielsweise die aktuellen Brände im Amazonas-Regenwald, spielt.” Weitere Partner sind die Bergische Universität Wuppertal und die Universität Heidelberg.

HALO mit neuem Laser-Messgerät ALIMA
HALO mit neuem Laser-Messgerät ALIMA: as neue laserbasierte Messgerät ALIMA bei einem Test vor dem DLR-Hangar in Oberpfaffenhofen. Bei ALIMA kommt das Messverfahren LIDAR (Light Detecting and Ranging) zum Einsatz, dass ähnlich der RADAR-Technologie die Rückstreuung ausgesendeter Signale detektiert, wobei ein gepulster leistungsstarker Laser zur Sondierung genutzt wird. Mit der Technik können Schwerewellen bis 90 Kilometern Höhe im Flug detektiert werden.

Bei den Messflügen werden innovative Fernerkundungsmethoden mit hochgenauen lokalen Messungen am Flugzeug kombiniert und mit Satellitendaten verglichen. “Um die Flüge optimal an die meteorologische Situation anzupassen, sind Atmosphärenmodellierer vor Ort und nutzen Vorhersagen des Jülicher Atmosphärenmodells CLaMS (Chemisch Langrangesches Modell der Stratosphäre)”, so Prof. Martin Riese, Direktor des Jülicher Instituts für Stratosphärenforschung. Die weiträumigen HALO-Messungen in der Luft werden mit Messaktivitäten ergänzt, die vom Boden ausgehen. Ballonradiosonden werden gestartet und Messungen an Bord eines von der Stadt El Calafate aus operierenden Segelflugzeugs durchgeführt. Meteorologische und chemische Vorhersagemodelle liefern Informationen über das lokale Wetter sowie die atmosphärische Zirkulation und Spurengasverteilung, die für eine präzise Flugplanung erforderlich sind.

Fliegender Laser mit Blick nach oben

Um die Schwerewellen durchgehend bis in die mittlere Atmosphäre zu erfassen, ist das DLR-Team der SOUTHTRAC-Mission an Bord von HALO und in einer Messstation am Boden mit Laser-Messtechnik aktiv. Dabei kommt das Messverfahren LIDAR (Light Detecting and Ranging) zum Einsatz, dass ähnlich der RADAR-Technologie die Rückstreuung ausgesendeter Signale detektiert, wobei ein gepulster leistungsstarker Laser zur Sondierung genutzt wird.

“HALO blickt erstmals mit dem Messgerät ALIMA (Airborne LIdar for Middle Atmosphere research) während der Flüge von 15 bis hinauf in 90 Kilometer Höhe – den Bereich, wo Schwerewellen ihren Einfluss auf das globale Zirkulationssystem entfalten und bisher nur unzureichend in Klimamodellen berücksichtigt sind”, sagt Bernd Kaifler, der Entwicklung und Bau des einzigartigen neuen Instruments gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre verantwortet hat. Die spektrale Vermessung und Auswertung des in der Atmosphäre rückgestreuten und mit einem an Bord von HALO befindlichen Teleskopes gesammelten Laserlichtes liefert den Forschern hochaufgelöste Temperatur-, Wind- und Aerosolprofile entlang des Flugweges und darin die Signaturen der Schwerewellen.

LIDAR-Messgerät ALIMA in der HALO-Kabine
LIDAR-Messgerät ALIMA in der HALO-Kabine: Das LIDAR-Messgerät ALIMA ist senkrecht in der HALO-Kabine verbaut, um Schwerewellen im Flüg über HALO bis in 90 Kilometer Höhe beobachten zu können.

Ozeane, Gebirge, Schwerewellen

Schwerewellen entstehen, wenn atmosphärische Zirkulationssysteme gestört werden. Sie zeigen sich als periodische Temperatur-, Druck- und Windschwankungen, die sich bis hinauf auf 90 Kilometer in die mittlere Atmosphäre, die Stratosphäre und Mesosphäre umfasst, ausbreiten. Dort wo starke Windsysteme auf hohe Gebirge treffen, werden sie ausgelöst. Mit seinen in Nord-Süd-Richtung ausgedehnten Bergen, die ein großes Hindernis für die sehr starken Winde in diesen Breiten darstellen, ist die südliche Spitze Südamerikas und die antarktische Halbinsel ein idealer Standort, um den Lebenszyklus dieser Wellen und ihren Einfluss auf den Klimawandel in der Südhemisphäre zu untersuchen.

Nachtschichten für die Forschung

Damit die Lasermessungen möglichst störungsfrei verlaufen, finden die Forschungsflüge ausschließlich in der Nacht statt. “Für unsere Crew sind die zahlreichen Nachtflüge eine Herausforderung”, erzählt DLR-Testpilot Marc Puskeiler. “Gerade die Flüge in Richtung Antarktis, wo es keine Flugverkehrskontrolle und keine Ausweichflugplätze gibt, müssen besonders gründlich geplant werden, um den Ausgangspunkt Rio Grande in Argentinien wieder sicher zu erreichen.” Zuvor war HALO in drei Etappen vom heimischen DLR-Standort Oberpfaffenhofen bei München über die Kapverdischen Inseln und Buenos Aires dorthin geflogen.

HALO vor dem Hangar in Rio Grande.
HALO vor dem Hangar in Rio Grande. Quelle: DLR/Minikin

Forschung an Schwerewellen

Das Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Long Range) ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

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