Rosetta: Kometenlander Philae vor dem Aufwachen

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Einen Raketenstart im März 2004, mehrfaches Schwungholen an Erde und Mars, zwei rasante Vorbeiflüge an den Asteroiden Šteins und Lutetia – das alles schon hat der Lander Philae an Bord der ESA-Raumsonde Rosetta bei seinem Flug zum Kometen 67P/Churuymov-Gerasimenko bereits gut überstanden.

Am 28. März 2014, nach mehr als zweieinhalb Jahren Winterschlaf, nehmen die Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) Philae wieder in Betrieb. Knapp vier Millionen Kilometer trennen Sonde und Lander jetzt noch von Churyumov-Gerasimenko.

Die ersten Temperaturdaten von Lander Philae haben einige Sensoren des Orbiters Rosetta geliefert, der bereits am 20. Januar 2014 aus seinem Winterschlaf aufgewacht ist. "Diese Daten liegen für uns im grünen Bereich – aber mehr wissen wir zurzeit noch nicht über den Zustand des Landers", sagt Lander-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec vom DLR.

Seit dem 08. Juni 2011 hatten die Wissenschaftler keinen Kontakt mehr zu Sonde und Lander. Fast 800 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, hätte deren Energie nicht mehr ausgereicht, um Sonde, Lander und Instrumente zu versorgen. Zentralcomputer und Instrumente wurden für über 30 Monate ausgeschaltet, und die Sonde flog schweigend und ohne Verbindung zu den Kontrollräumen am Boden durch den Weltraum.

Systemcheck für Lander und Instrumente

Währenddessen testeten die DLR-Wissenschaftler mit einem Referenzmodell des Landers die Software für die Landung auf dem Kometen, optimierten sie und werden diese am 28. März 2014 zur Raumsonde Rosetta hochladen. Der Orbiter aktiviert dann mit diesen programmierten Prozeduren den Lander und leitet dessen Reaktionen als Daten zur Erde. "Diese Daten analysieren wir umgehend, um zu wissen, ob Philae den langen Flug und den Winterschlaf unbeschadet überstanden hat", erläutert Projektleiter Stephan Ulamec.

Für das Team im Lander-Kontrollraum des Nutzerzentrums für Weltraumexperimente (MUSC) beginnt anschließend die Schichtarbeit an den Konsolen. Sowohl der Lander selbst als auch die zehn Instrumente, die er an Bord mit sich führt, müssen dann in den nächsten vier Wochen auf Herz und Nieren überprüft werden.

Insgesamt sind es 21 Instrumente auf Orbiter und Lander, mit denen die Planetenforscher den Geheimnissen der Kometen auf die Spur kommen wollen. Kometen bieten den Wissenschaftlern die Möglichkeit, in die Entstehungszeit unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren zu blicken. Wie fliegende Kühlschränke konservieren diese Himmelskörper weit entfernt von der Sonne das ursprünglichste Material unseres Sonnensystems. Während zudem auf der Erde dieses Material durch geologische Prozesse immer wieder modifiziert und überlagert wurde, löst die geringe Gravitation der Kometen solche Veränderungen kaum aus.

Erste Landung auf einem Kometen überhaupt

Bisher wurden diese Himmelskörper nur aus großer Entfernung und bei kurzen Vorbeiflügen untersucht. Mit der europäischen Rosetta-Mission hingegen wird erstmals ein Orbiter um einen Kometen kreisen und zum ersten Mal ein Landegerät auf der Kometenoberfläche aufsetzen, um vor Ort Messungen durchzuführen, während der Komet auf seiner Reise zur Sonne mehr und mehr aktiv wird und ausgast. Churyumov-Gerasimenko könnte wie ein Schnappschuss aus der Vergangenheit den Planetenforschern helfen, die Entstehung des Sonnensystems besser zu verstehen.

Könnte etwa das Wasser auf der Erde von Zusammenstößen mit Kometen stammen? Warum sind manche Gebiete eines Kometen auf dem Weg zu Sonne so aktiv und andere wiederum nicht? Und wie funktioniert kometare Aktivität überhaupt? "Es gibt noch viele ungeklärte Fragen, und mit den 21 Instrumenten werden wir große Mengen neuer Daten gewinnen, um nach Antworten zu suchen", betont Planetenforscher Dr. Ekkehard Kührt, Projektleiter für die DLR-Experimente auf Orbiter und Lander.

MUPUS, eines der DLR-Experimente auf dem Lander, wird sich zum Beispiel rund 30 Zentimeter tief in den Boden hämmern und dort thermische Untersuchungen durchführen. Der Bohrer SD2 aus Italien wird Proben aus dem Kometenboden gewinnen und an drei Instrumente auf dem Lander zur chemischen und physikalischen Analyse verteilen. Mit OSIRIS, CIVA und ROLIS fliegen gleich mehrere Kameras mit zu Churyumov-Gerasimenko.

Durch die globale Kartierung des Kometen mit OSIRIS ab August bei einer Auflösung im Dezimeterbereich werden sich die Planetenforscher erstmals ein genaueres Bild von ihrem Zielobjekt machen können. "Bilder in dieser Auflösung von einem Kometen haben wir vorher noch nie gesehen", sagt Kometenforscher Kührt. Mit diesen Daten und den daraus erstellten Karten entscheiden die Wissenschaftler dann auch, wo Philae im November 2014 landen wird.

Deutschland mit großem Anteil – DLR-Projektverantwortung für Philae

Die internationale Mission der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA mit Beiträgen der Mitgliedsstaaten und der NASA wird mit einer großen deutschen Beteiligung durchgeführt. Neben dem DLR betreiben auch das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), die Technische Universität Braunschweig sowie die Universitäten Köln und Mainz Experimente auf Orbiter und Lander. Das Raumfahrtmanagement des DLR fördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi) die beteiligten deutschen Industrieunternehmen und Wissenschaftler. Der Lander Philae wurde von einem Konsortium unter anderem aus DLR, MPS, CNES und ASI beigesteuert. Die Projektverantwortung für Philae liegt beim DLR, wo sich auch das Lander-Kontrollzentrum befindet.

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