Gefahr von Vergiftungen durch Zapfluftsysteme

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Am 22. Juni 2014 verstarb Warren Edward Brady, Flugbegleiter bei British Airways, im Alter von nur 47 Jahren auf einem Flug von Sao Paolo nach London. Bei der im Auftrag des Senior Coroners von London durchgeführten Autopsie konnte zunächst keine Todesursache festgestellt werden.

Bei einer weiteren Untersuchung von Bradys Herzgewebe, das der niederländische Pathologe Dr. Frank van de Groot im Auftrag von Bradys Mutter durchgeführt hat, zeigte sich, dass massive Schäden am Herzen, die sich nur durch Vergiftungen erklären lassen, zum Tod geführt haben. Die Ergebnisse decken sich auffällig mit den Befunden, die auch bei dem verstorbenen Piloten Richard Westgate festgestellt worden waren.

Nach dem Tod des Piloten Richard Westgate und des Besatzungsmitglieds Mathew Bass ist dies nun der dritte Fall, bei dem die wahrscheinliche Todesursache in direktem Zusammenhang mit kontaminierter Kabinenluft steht.

“Ölrückstände und andere Giftstoffe haben zum Schutze der Passagiere und der Besatzungen nichts in der Kabinenluft verloren”, so Markus Wahl, Sprecher der Vereinigung Cockpit. “Hier muss dringend gehandelt werden: Wir brauchen Filter und Sensoren in der Luftzufuhr der Kabine und bei neu gebauten Flugzeugen darf die Kabinenluft nicht mehr aus den Triebwerken abgesaugt werden, wenn nicht sichergestellt werden kann, dass diese unschädlich ist. Dies ist sowohl im Sinne der Flugsicherheit als auch des Gesundheitsschutzes unabdingbar!”, so Wahl weiter.

“RAM-Air”: 787 Dreamliner macht`s vor

Die VC fordert, dass bei zukünftigen Flugzeugmustern eine Kontamination der Kabinenluft technisch ausgeschlossen wird, zumal eine bestens geeignete alternative Technologie zur Verfügung steht. Die Kabinenluft wird aus der normalen Umgebungsluft des Flugzeuges entnommen, ohne sie zuvor durch die Triebwerke zu leiten. Die so gewonnene Luft nennt man “RAM-Air”. Dieses Verfahren kommt bereits im Flugzeugtyp Boeing 787 zur Anwendung. Das Flugzeug bezieht die Luft also aus extra Offnungen im Flugzeugrumpf, anstatt sie aus dem Triebwerk abzuführen.

Weil diese Forderung für die bestehenden Flugzeugmuster nicht umsetzbar ist, fordert die  VC den umgehenden Einbau von Filtern, um die Kabinenluft möglichst schadstofffrei halten zu können.

Um fatale Auswirkungen bei akuten starken Fume Events zu verhindern, ist sollen Sensoren in die heutigen Flugzeugmuster eingebaut werden, die es der Cockpitcrew ermöglichen, schnellstmöglich zu reagieren. Denn neben dem Selbstschutz (z.B. das Aufsetzen der Sauerstoffmaske) ist auch eine schnelle und effektive Fehleranalyse notwendig, um den sicheren Weiterflug zu garantieren und somit die Gesundheit aller Flugzeuginsassen zu schützen. Solange keine technischen Anwendungen im Einsatz sind, die eine saubere Kabinenluft garantieren, und keine Sensoren zur Bestimmung der Qualität der Kabinenluft eingebaut sind, gilt das Minimierungsgebot.

Anlässlich der Premiere des Films “Ungefiltert eingeatmet – Die Wahrheit über das aerotoxische Syndrom”, befinden sich alle an der Untersuchung von Warren Brady beteiligten Wissenschaftler und Mediziner heute Abend in Berlin. Vor der Aufführung des Films, um 17:30 Uhr im Kino Babylon, Luxemburger Str. 30, 10178 Berlin wird eine Konferenz mit den Beteiligten stattfinden.

Im Anschluss an den Film wird Vorstandsmitglied Jörg Handwerg an einer Podiumsdiskussion zum Thema teilnehmen. Bereits seit einigen Jahren fordert die Vereinigung Cockpit (VC), dass die Luft an Bord von Flugzeugen frei von jeglichen giftigen Stoffen sein muss. In der Initiative SafeSKY identifiziert die VC dieses Thema sogar als eines der dringendsten und wichtigsten Themen im Bereich der Flugsicherheit.

Zum Bild: Die Außenluft wird über die Triebwerke angesaugt (1), die heiße komprimierte Luft wird gekühlt (2) und mit aus der Kabine zurückgeführter, gefilterter Luft vermischt (3). Das Gemisch aus angesaugter Außenluft und recycelter Kabinenluft (Rezirkulationskreislauf) wird in die Kabine gegeben (4). Während Außenluft eintritt, wird gleichzeitig verbrauchte Luft aus der Kabine ausgeleitet (5).

Quelle: Vereinigung Cockpit

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