Baracke von Pionier Claude Dornier startet in zweite Zukunft

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In der Baracke Seemoos begann 1914 die Unternehmensgeschichte des genialen Flugzeugkonstrukteurs Claude Dornier. Die Baracke hat eine wirklich abenteuerliche Geschichte – und wird jetzt erneut zur Ideenschmiede.

Am Mittwoch war Richtfest für das Haus, das jetzt beim Dornier Museum steht, und das Historiker, Ingenieure, Pädagogen und Zimmerleute gleichermaßen begeistert. Im Frühjahr 2016 wird es als DO.labor in die Zukunft starten.

Vor über 100 Jahren hat sie Graf Zeppelin seinem jungen Ingenieur Claude Dornier neben eine Flugzeug-Konstruktionshalle ans Seemooser Ufer gestellt, damit er dort Wasserflugzeuge konstruiert. Neun Jahre lang entwickelten Dornier und sein Team in dem Holzbau wahrhaft visionäre Flugzeuge und revolutionierte die Luftfahrt durch seine Ganzmetallbauweise wie sie die Welt noch nicht kannte. Nach dem Wegzug der “Abteilung DO” nach Manzell beherbergte die Baracke den Württembergischen Yachtclub, überstand den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs, viele Umbauten und den behutsamen Abbau vor einem Jahr: Der Yachtclub baute ein neues Clubhaus.

Die Baracke sollte zum Dornier Museum versetzt werden. Die Firma JaKo Baudenkmalpflege aus Emishalden (Landkreis Biberach), spezialisiert auf solch knifflige “Translozierungen” historischer Gebäude für Freilichtmuseen, zerlegte die Baracke im wahrsten Sinne “nach Plan”, bereitete die Einzelteile in ihren Werkshallen neu auf und setzte sie am neuen Standort wieder meisterhaft zusammen.

Erstes Projekt bereits vollendet

“Der Abriss blieb dem Haus erspart, die Historie wird so bewahrt”: Der Richtspruch brachte es auf den Punkt. “Dorniers Erfindergeist soll Einzug halten, für die Jungen wie die Alten.” Gesprochen hat ihn Jonathan Schneckenbühl, Zimmermanns-Azubi im ersten Lehrjahr. Mit 21 Kameraden von der Claude-Dornier-Schule (der Name verpflichtet!) in Friedrichshafen schuf er die Innenausbauten, die Wandverschalungen und Trennwände.

So wurde bereits im Rohbau handwerklich getüftelt: “Die Jungs gingen dabei richtig ab”, sagt ihr Lehrer Michael Neubold: “Sie kamen zwei Wochen lang jeden Tag stolz in Zimmerer-Kluft zur Arbeit. Alles Burschen, die erst vor sechs Wochen ihren Beruf begonnen haben. Das ist schon eine andere Projektarbeit als in der Schulwerkstatt.”

Geist eines Genialen

Der Zauber des “Genius loci” der Baracke könnte bei den jungen Zimmerleuten schon gewirkt haben: Der Schaffensgeist des genialen Claude Dornier steckt in jedem Balken. Beim Abbau kam der original Holz-Fußboden zu Tage, auf dem Claude Dornier gestanden und gearbeitet hat. Er wird restauriert und wieder in das rekonstruierte Büro des Flugzeugpioniers verlegt. Neben einem Büro für Wissensvermittlung wird der größte Teil der Baracke einen modernen Raum für Schulungen, Projekte und Experimente beherbergen.

Im Frühjahr Eröffnung als DO.labor

Die Baracke Seemoos wird im Frühjahr 2016 als DO.labor in die Zukunft starten: Eine Kreativ-Werkstatt für Tüftler, Innovative und Querdenker. Für Berthold Porath, Direktor des Dornier Museums, geht ein weiterer Traum in Erfüllung: “Das DO.labor wird als Schnittstelle zwischen Bildungseinrichtungen und Wirtschaft eine Plattform schaffen, von der unsere ganze Region profitieren soll.” Auch das museumspädagogische Programm des Dornier Museums wird in das DO.labor integriert.

Historisches Baudenkmal bleibt erhalten

“Die Baracke Seemoos ist eines der wenigen vom Krieg verschonten Baudenkmälern der Stadt Friedrichshafen”, sagt Museumsdirektor Berthold Porath. 2011 wurde der Abriss beschlossen – damit wäre ein kulturhistorisch bedeutendes Denkmal in Friedrichshafen für immer verloren gegangen. Mit vereinten Kräften und mit Unterstützung der Stadt Friedrichshafen konnte das 100 Jahre alte Gebäude sichergestellt werden. Berthold Porath: “Gemeinsam mit der Firma JaKo Baudenkmalpflege, die auf historische Gebäude spezialisiert ist, ist es uns gelungen, die Baracke Seemoos abzubauen und einzulagern.”

Auch dank vieler Unterstützer, der Stadt Friedrichshafen, dem WYC, dem Freundes- und Förderkreis des Dornier Museums und der Dornier-Stiftung unter Vorsitz von Cornelius Dornier: “Wir freuen uns, dass die Baracke erhalten bleibt, nachdem in Friedrichshafen so viel während des Krieges zerstört wurde”, sagt der Enkel des großen Flugzeug-Pioniers. “Für mich ist die Dornier-Baracke im weitesten Sinn eine Kulturstätte mit einer sehr hohen symbolischen Bedeutung: Sie ist Zeuge dafür, dass aus einer Idee etwas sehr Großes entstehen kann.”

Meisterstück des frühen Fertighaus-Baus

Baugeschichtlich gesehen ist die Baracke Seemoos ein Paradebeispiel des frühen Fertighaus-Baus. Sie wurde in 1914 in Lindau-Aeschach vorproduziert und dann in Einzelteilen über den See transportiert. Zimmerer-Meister und Architekt Michael Neubold ist begeistert: “Das war beste Handwerksarbeit. Modulbauweise vom Feinsten.” Ebenso Projektleiter Hubert Maucher von der JaKo Baudenkmalpflege GmbH: “Die Baracke ist ein Vorreiter des Fertigbaus. Die Zimmerei hat offenbar große Teile vorgefertigt und dann angeliefert. Für die damalige Zeit war das sehr modern.” Auch Claude Dornier war damals angetan von der Qualität: “Sie sah wirklich nett aus. Eine Baracke, die in punkto Isolation das Beste darstellte, was damals erreicht werden konnte.” Beim Wiederaufbau des Gebäudes wurde dennoch die Isolation auf den heutigen Stand der Dinge gebracht.

Symbol für High-Tech-Standort Bodensee

Die Baracke Seemoos steht als Symbol für die Anfänge und die Nachhaltigkeit des Technologiestandortes Bodensee (“Silicon Valley der Mobilität”), u.a. mit den heute noch erfolgreichen Firmen ZF, MTU, Zeppelin NT und Airbus. Das Projekt DO.labor zielt auf die Förderung des freien Denkens, die Entwicklung von Pioniergeist sowie das Entfachen von visionären Ideen als wichtigste Triebfedern für die wirtschaftliche Innovationskraft der Region am Bodenseekreis.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Region soll durch Innovation im Bereich Wissensvermittlung mittels Weitergabe von Wissen, Werten und handwerklich-fachlichen Kompetenzen gestärkt werden. Junge Menschen sollen nicht nur historische und technische Fakten lernen, sondern Begeisterung für Geschichte, Technik, soziales Engagement und Kreativität entwickeln.

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