Infrastrukturträger in Österreich fordern Standortentwicklung

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Wenn es um die Realisierung einer Straße, Bahnstrecke oder Stromleitung geht, sind bis zur Genehmigung heute meist tausende Seiten an Unterlagen, langwierige Verfahren und mehrjährige Rechtsunsicherheit an: “Damit muss Schluss sein”, sagen vier der größten Infrastrukturbereitsteller Österreichs – ASFINAG, ÖBB, VERBUND und der Flughafen Wien.

ASFINAG, ÖBB, VERBUND und der Flughafen Wien beschäftigen derzeit insgesamt 51.400 Menschen und erwirtschafteten 2017 einen Jahresumsatz von rund 11,15 Milliarden Euro. Gemeinsam forderten am Dienstag bei einer Konferenz in Wien den raschen Beschluss des Standortentwicklungsgesetzes (StEntG). In sechs Jahren (2018 bis inklusive 2023) planen die vier Unternehmen, mindestens 25,5 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte zu investieren.

Mit Großvorhaben wie der Fertigstellung der Schnellstraße S1, mehrere Bahnprojekte der ÖBB von 2018 bis 2023 und dem Bau einer dritten Piste würden allein fast 140.000 Jobs zusätzlich geschaffen werden. Dies entspricht in etwa der Gesamtbevölkerung von Klagenfurt und Bregenz zusammen. Ein Nichtbeschluss des Gesetzes würde somit weitere Verzögerungen für Projekte dieser Art und dementsprechend verheerende Auswirkungen für Österreich und den Wirtschaftsstandort haben.

Schnellere Genehmigungen gefordert

Das Standortentwicklungsgesetz bekommt auch Rückendeckung aus der österreichischen Bevölkerung. Das ergab eine Ende Oktober 2018 durchgeführte repräsentative Umfrage der Marktforschungsinstitute GfK und Demox unter 1.000 Teilnehmern. So begrüßt mit 67 Prozent eine deutliche Mehrheit das geplante Gesetz. Denn überlange Genehmigungsverfahren würden dem Wirtschaftsstandort schaden und Österreichs Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich deutlich mindern, empfinden sogar 80 Prozent der Befragten. Mehr als drei Viertel sehen durch langwierige Verfahren jedenfalls Arbeitsplätze gefährdet, die Anliegen der Umwelt wiederum würden durch schnellere Entscheidungen nicht leiden.

Schnellere Verfahren braucht das Land

“Das Standortentwicklungsgesetz ist ein wichtiger Schritt für die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren von Projekten, die im besonderen öffentlichen Interesse liegen. Es braucht klare und stabile Rahmenbedingungen, damit nicht unnötig viele Jahre vergehen bis ein behördlicher Beschluss vorliegt, wie es derzeit leider oft der Fall ist. Eine zeitnahe Umsetzung ist im Sinne aller Beteiligten und hält den Wirtschaftsstandort Österreich attraktiv”, so Günther Ofner, Vorstand der Flughafen Wien AG.

Das Genehmigungsverfahren rund um den Bau einer dritten Piste läuft bereits seit elf Jahren. Mehr als 30.000 Seiten an Unterlagen, Gutachten und Plänen wurden seither erstellt. Nach einer positiven zweitinstanzlichen Entscheidung am 28. März 2018 durch das Bundesverwaltungsgericht, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am 15. Oktober eine Beschwerde von Projektgegnern abgewiesen. Offen ist nun noch eine Entscheidung beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Klimaziele nur mit besserem Energienetz

VERBUND, als führendes Unternehmen der Elektrizitätsbranche in Österreich, sieht sich bei seinen Investitionsprojekten im Erzeugungs- und Netzbereich, die im Speziellen für die Energieversorgungssicherheit von zentraler Bedeutung sind, regelmäßig mit dem Problem überlanger Genehmigungsverfahren konfrontiert. So zum Beispiel bei der 380-kV-Salzburgleitung, die den 380-kV-Ring des österreichischen Hochspannungsrings schließen soll und eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte der Gegenwart ist.

Das Projekt 380-kV-Leitung wurde 2012 zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht. Aktuell – nach über sechs Jahren – wird die Entscheidung der zweiten Instanz seitens des Bundesverwaltungsgerichts erwartet. “Der Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und der dafür notwendigen Netze und Speicher muss erleichtert und beschleunigt werden, um die Ziele der österreichischen Klima- und Energiestrategie – bilanzielle Deckung des Stromverbrauches zu 100 Prozent aus erneuerbarer inländischer Erzeugung bis 2030 – erreichen zu können”, betonte VERBUND CEO Wolfgang Anzengruber.

CO2-Einsparung durch bessere Bahn

“Mit den Investitionen aus dem ÖBB Rahmenplan von rund zwei Milliarden Euro jährlich stärken wir den Standort Österreich, machen die Wirtschaft agiler und schützen das Klima. Die ÖBB sind der größte Klimaschützer des Landes mit jährlichen CO2-Einsparungen von 3,5 Millionen Tonnen. Wichtig ist, dass wir die geplanten Projekte zügig umsetzen können. Damit sichern wir die positive Wirkung in allen Bereichen und für alle Beteiligten”, sagt ÖBB Generaldirektor Andreas Matthä.

Mit den Investitionen einer Rahmenplan-Periode von in der Regel sechs Jahren sichern die ÖBB zehntausende Arbeitsplätze im Land und erzielen eine Wertschöpfung von mehr als acht Milliarden Euro. Die Investitionen in den Ausbau des Schienennetzes sind auch eine wesentliche Voraussetzung für die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene.

Straßenneubau für Konjunktur und Beschäftigung

Das ASFINAG Investitionsprogramm sieht pro Jahr rund eine Milliarde Euro für Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen vor. Künftig schnellere Genehmigungsverfahren stellen dabei sicher, dass neue Strecken für mehr Lebensqualität und Verkehrsentlastung auch fristgerecht umgesetzt werden. Das gilt etwa für die S 18 Bodensee-, den Weiterbau der S 36 Murtal- oder den Ostabschnitt der S 8 Marchfeld Schnellstraße. Derzeit können immer komplexere Verfahren bei UVP-pflichtigen Großprojekten mitunter auch zehn Jahre oder mehr in Anspruch nehmen. Beispiele: S 1 Wiener Außenring Schnellstraße mit Lobautunnel oder A 26 Linzer Autobahn.

Durch den wiederholten Aufschub von geplanten Investitionen – die die AFINAG allein mit den Einnahmen aus Vignette und Lkw-Maut tätigt – bleiben auch positive Effekte für Beschäftigung und Konjunktur aus. Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungs-Instituts WIFO ergibt sich mit dem Bau der künftigen S 1 und anschließenden Straßenprojekten ein Zuwachs von insgesamt 7.000 Beschäftigten. Dazu kommen Jobeffekte während der Bauphase: Diese liegen bei zusätzlich bis zu 25.000 Beschäftigten.

“Eine rechtssichere Beschleunigung der Verfahren bringt eine Win-Win-Situation für die Menschen, den Wirtschaftsstandort Österreich und für uns als Projektwerber. Wir begrüßen mit dem Standortentwicklungsgesetz eine Rechtsgrundlage, die wieder annehmbare Entscheidungs- und Umsetzungsfristen für dringende Straßenbauvorhaben im öffentlichen Interesse bringt”, so ASFINAG-Vorstandsdirektor Dr. Klaus Schierhackl.

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